06.12.2017 | Was vom Tage übrig blieb

Zu Ehren des neuen Literatur-Nobelpreisträgers Kazuo Ishiguro

18.00/20.30

Darlington Hall, ein englischer Landsitz in den 1930er Jahren. Persönliche Bedürfnisse unterdrückt der pflichtbewusste, pedantisch-korrekte und auf die Etikette bedachte Butler Stevens (Anthony Hopkins). Freiraum für ein eigenes Leben gestattet er sich nicht. Miss Kenton (Emma Thompson), die er als Wirtschafterin einstellt, bringt seine Welt durcheinander. Stevens verleugnet die aufkeimende Liebe, übersieht die dezenten Andeutungen der etwas jüngeren Frau und hält sie auf Distanz. In seiner perfektionierten Dienerrolle sieht er auch darüber hinweg, dass Lord Darlington (James Fox) auf seinem Landsitz konspirative Treffen zwischen britischen und nationalsozialistischen Politikern organisiert und für ein autoritäres Regime in England eintritt. Nach dem Krieg stirbt Lord Darlington, zermürbt von einer Pressekampagne und einem Gerichtsverfahren. Das Personal zerstreut sich. Nur der Butler Stevens bleibt und verwaltet den verfallenden Landsitz wie ein Hausmeister. Da kauft 1956 der reiche Amerikaner Lewis (Christopher Reeve) das Anwesen und lässt es wieder herrichten. Als Miss Kenton in einem Brief andeutet, an einer erneuten Anstellung in Darlington Hall interessiert zu sein, bricht bei Stevens die Vergangenheit hervor. Er träumt davon, das vor zwanzig Jahren versäumte nachholen zu können. Doch die Zeit lässt sich nicht zurück drehen. Nach dem gleichnamigen Roman des frischgebackenen Nobelpreisträgers Kazuo Ishiguro setzt der Regisseur James Ivory das Gesellschaftsdrama in ruhige und sorgfältig komponierte Bilder um. Er präsentiert die melancholische Bilanz eines versäumten Lebens und Kritik an lebensfeindlichen gesellschaftlichen Konventionen. In dem vielschichtigen Film geht es aber auch um die Schuld von Menschen, die ihre Pflicht erfüllen und glauben, es sei nicht ihre Aufgabe, sich um das Fehlverhalten von Autoritäten zu kümmern. „Was vom Tage übrig blieb“ wurde 1994 in sieben Kategorien für einen Oscar nominiert, hatte jedoch seinerzeit keine Chance gegen die Gewinner-Filme „Schindlers Liste“ und „Das Piano“.

Großbritannien/USA 1993, Regie: James Ivory, Darsteller: Anthony Hopkins, Emma Thompson, James Fox, Christopher Reeve, ab 6, 134 min