09.01.2013 | The Deep Blue Sea

18.00/20.30

Der Film beginnt dramatisch. Hester (Rachel Weisz) schließt die Fenster, dreht den Hahn des Gasofens auf und legt sich hin zum Sterben. Der Mann, den sie liebt, ist so mit sich selbst beschäftigt, dass er ihren Geburtstag vergessen und mit Freunden zu einer Golf- und Sauftour aufgebrochen ist. Und der Mann, den sie verlassen hat, lebt in einer Welt, in die sie nicht mehr zurückkehren will, mit Chauffeur, Landhaus und Fünfuhr-Tees. Der ältere Ehemann, der junge Liebhaber (obendrauf  noch eine kaltherzige Schwiegermutter) und dazwischen sie. Zwischen einer toten Ehe und einer unsteten Affäre. Between the devil and the deep blue sea, wie der Engländer sagt. Doch eigentlich geht es nicht um Ehebruch und bürgerliche Moral, sondern um Sehnsucht, die Sehnsucht der Hester Collyer. Von Sehnsucht, als Krankheit wie als Heilmittel, handeln alle Filme des Regisseurs Terence Davies. Wenn man aufzählt, worum es bei Davies geht, hat man schnell das gesamte Arsenal des Kitsches zusammen. Kostüme, Kulissen, Liebesschmerz, Verzicht. Und doch gelingt es dem Regisseur immer wieder und so auch hier, dies alles in Schönheit zu verwandeln. Davies hat für „The Deep Blue Sea“ ein Theaterstück des britischen Autors Terence Rattigan adaptiert. Das Stück ist im London der fünfziger Jahre angesiedelt, der Krieg mit seinen Luftalarmen und Bombentrichtern liegt noch nicht lange zurück, Lebensmittel sind immer noch rationiert. In diesem Nachkriegs-England mit seinen bleichen Farben und abgetönten Erwartungen spielen einige der besten Filme des britischen Kinos. Dieser gehört sicherlich dazu.

 

Großbritannien 2011,

Regie: Terence Davies, Darsteller: Rachel Weisz, Tom Hiddleston, Simon Russell Beale,

ohne Altersangabe,

98 min