10.11. | Promising Young Woman

18.00/20.30

Aus Cassie hätte etwas werden können. Sie studierte Medizin, und sie war gut. Aber dann wurde ihre beste Freundin Nina auf einer College-Party vergewaltigt. Seitdem kennt Cassie (Carey Mulligan) nur ein Ziel: Rache. Sie hängt in Clubs herum, scheinbar sturzbetrunken und wehrlos. Jede Woche lässt sie sich abschleppen von Typen, die ihren Zustand ausnutzen wollen. Bis sie sich plötzlich als nüchtern und hellwach offenbart – und die Falle zuschnappt. Im richtigen Moment dreht sie den Spieß um und lässt die selbsternannten Kavaliere am eigenen Leibe spüren, dass eine Frau, ganz gleich ob nüchtern oder berauscht, mit Respekt zu behandeln ist. „Me too“-Rachethriller ist der Film genannt worden, aber er ist mehr als das. Hier werden die Popkultur und die Medienöffentlichkeit der Nullerjahre neu aufgerollt, mit der Erkenntnis, dass nicht alles so unschuldig war, wie man damals glauben wollte. Durch den Film hinweg sind Figuren zu sehen, die Vergewaltigungen verharmlosen und dem Opfer die Schuld geben nach dem Motto „Wenn man sich so betrinkt, passieren eben Sachen“. Es ist das Filmdebüt von Emerald Fennell, die für ihren ersten Spielfilm gleich einen Oscar gewonnen hat. Fennell knüpft an das Rape-Revenge-Genre an, die Vergewaltigung einer Frau ist der Ausgangspunkt der Handlung. Nur ist es diesesmal nicht der Vater oder Freund des Opfers, der sie rächt, sondern die beste Freundin. Die Rache bleibt in weiblicher Hand. Jedoch ist Cassie nicht im Kampfanzug und mit Säbel unterwegs wie etwa Uma Thurman in „Kill Bill“, sondern in rosa. Und nicht nur Cassie, das gesamte Setting ist bunt, hell, süß gestaltet. Durch dieses optisch harmlose Erscheinungsbild sollte man sich aber keinesfalls täuschen lassen. Es verstärkt sogar noch die eigentliche Botschaft des Films – sich mit den gesellschaftlich fest eingeprägten Rollen-Klischees eingehend zu beschäftigen.

USA/Großbritannien 2020, Regie: Emerald Fennell, Darsteller: Carey Mulligan, Bo Burnham, Jennifer Coolidge, ab 16, 114 min