18.00/20.30
Das in Zwickau im Jahre 1907 eröffnete Kaufhaus des Unternehmers Salman Schocken wurde zur Institution in der sächsischen Stadt. Der Eigentümer galt als vorbildlich im Umgang mit seinen Angestellten. Die bald auch anderswo im Südosten Deutschlands eröffneten Schocken-Kaufhäuser waren modern und offen angelegt. Auch das Bremerhavener Kaufhaus Schocken in der Bürger gegenüber der Großen Kirche reihte sich ein in diese Unternehmensphilosophie. Salman Schocken besaß jedoch neben der kaufmännischen auch eine kulturell-politische Seite: Er war als wesentlicher Treiber einer „hebräischen Renaissance“ einer der bedeutendsten Sammler von Judaica, gründete eine Druckerei und einen Verlag, der u.a. das Werk Franz Kafkas betreut. Die israelische Filmemacherin Noemi Schory erzählt mit aussagekräftigem Archivmaterial, kundigen Gesprächspartnern und Textrezitationen von Schockens in Deutschland weitgehend unbekanntem Leben. Das ging 1934 in Palästina weiter, wo Schocken zwei Jahre später die liberale Tageszeitung „Ha’aretz“ erwarb – heute geleitet von Salmans Enkel Amos. Etwas knapp und verschwommen bleibt Schory bei der Darstellung der letzten Jahre Schockens, der zunehmend mit Israel fremdelte und räumlich zwischen den USA und der Schweiz pendelte. Kleiner Wermutstropfen: Wie so viele andere Filmbiographien blendet auch dieser Film Kritisches weitgehend aus und man fragt sich, warum eigentlich. Ein bisschen mehr Distanz und ein bisschen weniger Heiligenschein hätte diesem liberalen Menschenfreund wahrscheinlich sogar gefallen.
Israel/Deutschland 2021, Regie: Noemi Schory, Dokumentation, ab 6, 82 min