12.10. | Der perfekte Chef

18.00/20.30

Julio Blanco (Javier Bardem) ist ein Chef aus dem Bilderbuch. Um die Belegschaft seiner Firma sorgt er sich väterlich, bietet sein Ohr selbst bei privaten Problemen an. Dieser Mann nimmt den Begriff Familienunternehmen einfach beim Wort – mit allen patriarchalen Konsequenzen, die in diesem Film langsam, aber unerbittlich offengelegt werden. Zuerst wäre da der fatale Hang Blancos zu Affären mit jungen Praktikantinnen. Das geht noch mal so durch – wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein. Gefährlicher wird dem perfekten Chef der eben gekündigte und nun auf die Barrikaden gehende Mitarbeiter aus der Buchhaltung (Oscar de la Fuente). Der postiert sich dem Fabrikgelände direkt gegenüber, mit Plakaten, Kind und Megaphon. Unter der eigentlich besonnenen Oberfläche des großzügigen Blanco beginnt es zu brodeln – bis sich eine Katastrophe anbahnt. Was als leichte Komödie beginnt, wandelt sich zu einem bösartigen Film über soziale Verhältnisse und Macht. Ohne moralischen Zeigefinger zerlegt der Regisseur Fernando Leon de Aranoa eine Autorität, die sich freundlich einschleicht, ja anbiedert, nur um im passenden Moment unerbittliche Härte zu zeigen. Javier Bardem spielt diesen Mann in großartiger Weise. Wie es diesem Ausnahmeschauspieler gelingt, den väterlichen Ton zu halten, um dann Stück für Stück in den Abgrund der eiskalten Berechnung hinabzugleiten, das ist schlichtweg atemberaubend. Die faszinierende Frage, die man sich unentwegt stellt, lautet: Ist Julio Blanco im Grunde ein guter Kerl, der durch die Umstände zu einem sozialen Monster wird? Oder schlummert unter der Oberfläche des charismatischen Mannes nicht doch nur ein kühler Stratege, der ganz genau weiß, wie man die Menschen in seinem Umfeld manipulieren kann? Der mit spanischen Filmpreisen geradezu überhäufte Film ist ein kühner Wurf, der als Komödie getarnt bitterböse Kritik an den Verhältnissen übt. Der Chef will dein bester Freund sein? Aufgepasst!

Spanien 2021, Regie: Fernando Leon de Aranoa, Darsteller: Javier Bardem, Manolo Solo, Almudena Amor, Oscar de la Fuente, ab 12, 120 min