18.00/20.30
Bereits die erste Szene in diesem Film löst Verwirrung aus. Da sitzt eine Frau in der Badewanne und erzählt von ihrer Beziehung zu einem sexsüchtigen Mann, dessen Trieb sie stoisch, fast gleichgültig über sich ergehen lässt. Es scheint Anke Engelke zu sein, doch irgendetwas stimmt hier nicht. Es ist die Stimme, die nicht zu der bekannten Schauspielerin passt. Anke Engelke leiht acht verschiedenen Frauen im Alter zwischen 30 und 75 Jahren ihr Gesicht, wird zu ihrem Sprachrohr. Die Stimmen aber stammen von diesen Frauen, die alle von ihren höchst unterschiedlichen Gefühlen des Mutterseins berichten. Da ist die junge Frau, die nach der Geburt ihrer Zwillinge schnell wieder im elterlichen Betrieb arbeitet. Eine andere ist bei einem One-Night-Stand schwanger geworden und danach sehen wir die Lehrerin und dreifache Mutter, die ihre Familie für eine neue, große Liebe verlässt und darunter leidet. Die Filmemacherin Carolin Schmitz findet für diese Geschichten ganz einfache Bilder von Alltagssituationen, die sämtlich von Anke Engelke und ihrer Präsenz gefüllt werden. Mal legt sie Wäsche zusammen, mal ist sie in einer Aerobic-Stunde, dann arrangiert sie Schnittblumen oder sitzt nachdenklich auf dem Sofa und monologisiert lakonisch die unterschiedlichen Lebensgeschichten. Engelke vereint all diese acht verschiedenen Frauen, ohne eindeutig die Orte, die Kleidung oder die Tätigkeit zu verändern, sie gehen vielmehr ineinander über. Ein sehr genauer Blick und höchste Konzentration sind gefragt, die einzelnen Szenen zu unterscheiden. Eine eigenwillige Dokumentation über den immer wieder thematisierten Komplex der Mutterschaft, der man gebannt zuschaut.
Deutschland 2022, Regie: Carolin Schmitz, Darsteller: Anke Engelke und sieben Stimmen, ohne Altersangabe, 88 min