15.6. | Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush

18.00/20.30

Einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte sich Murat Kurnaz (Abdullah Emre Öztürk) nicht aussuchen können. Im Herbst 2001, nur wenige Wochen nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center, bricht der junge türkischstämmige Bremer nach Pakistan auf. Dort wird er von den US-Amerikanern verhaftet und nach Guantanamo verschleppt. Ohne Anklage sitzt er dort ein, einfach weil er ins Profil der nach 9/11 Terrorverdächtigen so perfekt hineinpasst. Die Mutter Rabiye (Meltem Kaptan) zuhause in Bremen ist verzweifelt und ratlos, in ihrer Überforderung aber auch überaus patent. Dank des Telefonbuchs und eine wenig Glück stößt die temperamentvolle Frau auf den norddeutsch-spröden Anwalt Bernhard Docke (Alexander Scheer). Der ist auf Menschenrechtsfragen spezialisiert und erkennt sofort, dass dieser Fall vor Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten nur so strotzt. Gemeinsam legen die beiden einen mühsamen Weg durch alle Instanzen zurück, der sie schließlich bis vor den Supreme Court in Washington führt. Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush. Murat Kurnaz‘ Geschichte wurde hierzulande vielfach erzählt, doch Regisseur Andreas Dresen konzentriert sich nun ganz auf dessen Mutter. Tatsächlich ist Rabiye Kurnaz eine fantastische Filmheldin und ihre Darstellerin Meltem Kaptan erhielt für ihre Leistung den Silbernen Berlinale-Bären. Sie ist leidenschaftlich und naiv zugleich, unverbogen, quirlig und mit viel Humor gesegnet – ein wunderbarer Gegensatz zu Alexander Scheers reserviertem Anwalt. Sowohl Murat Kurnaz‘ traumatische Erfahrungen als auch das Ausmaß des Versagens der deutschen Politik(er) werden leider sehr an den Rand gedrängt. Aber das ist bei dieser Darstellung des Themas wohl unvermeidlich.

Deutschland 2022, Regie: Andreas Dresen, Darsteller: Meltem Kaptan, Alexander Scheer, Charly Hübner, Abdullah Emre Öztürk, ab 6, 119 min