18.9. | Systemsprenger

Helena Zengel (Benni)

18.00/20.30

Wer sich mit Benni (Helena Zengel) anlegt, hat von Anfang an schlechte, ganz schlechte Karten. Das Mädchen ist zwar erst neun, aber bereits das, was man gemeinhin eine Furie nennt. Sie schreit und tobt und prügelt sich mit anderen Kindern. Wie ein Berserker tritt und schlägt sie um sich ; ihre Erzieher bedroht sie mit dem Messer. Wie eine heiße Kartoffel wird sie von Pflegefamilie zu Pflegefamilie, von einer Jugendeinrichtung in die nächste weitergeschoben. Dabei möchte Benni eigentlich nur eins, zurück zu ihrer psychisch labilen Mutter, die aber schon mit ihren zwei anderen Kindern heillos überfordert ist und mit einem gewalttätigen Mann zusammenlebt. Da ist eine Rückkehr natürlich völlig ausgeschlossen. So gilt das als Kleinkind misshandelte Mädchen, kaum zehnjährig, bereits als hoffnungsloser Fall. Der titelgebende Ausdruck Systemsprenger ist eine Bezeichnung aus der Jugendhilfe für verhaltensauffällige Kinder, die das Netz aus sozialen Einrichtungen und psychologischer Betreuung nicht mehr auffangen kann. Die Regisseurin Nora Fingscheidt hat für ihr Langfilm-Debüt jahrelang in diesem Bereich recherchiert. Eine regelrechte Tour de Force ist so entstanden, ein emotionaler Ritt, der das Verhalten des traumatisierten Kindes ebenso zeigt wie die Hilflosigkeit und Erschöpfung der Mutter, der Erzieher, der Ärzte. Was da auf der Leinwand passiert und dann über den Zuschauersaal hereinbricht, das ist Sozialdrama und Körperkino zugleich. Dafür gab es bei der diesjährigen Berlinale einen Silbernen Bären. Und, hochaktuell, der Film wurde vor wenigen Tagen als deutscher Kandidat für den „Auslands-Oscar“ 2020 ausgewählt.

Deutschland 2019, Regie: Nora Fingscheidt, Darsteller: Helena Zengel, Lisa Hagmeister, Albrecht Schuch, ab 12, 119 min