19.02.2014 | Alois Nebel

18.00/20.30

Herbst 1989: Alois Nebel (Miroslav Krobot) ist Bahnhofsvorsteher in Bily Potok, einem abgelegenen Ort an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze. Er kennt von der Welt sonst weiter nichts als seinen Bahnhof und die ein- und ausfahrenden Züge. Sein Leben könnte ruhig dahin gleiten, wenn da nicht die immer wiederkehrenden Alpträume wären. Als Kind musste er mitansehen, wie nach 1945 aus dem damaligen Sudetenland die ansässige deutsche Bevölkerung vertrieben wurde, Familien auseinander gerissen, in Zügen abtransportiert, verschleppt, erschossen. Die Bilder quälen ihn so sehr, dass er schließlich in eine Nervenheilanstalt eingeliefert wird. Dort trifft er den stummen Fremden (Karel Boden), dem er auch auf seinem Bahnhof bereits begegnet war. Der geheimnisvolle Unbekannte war dort von Alois‘ schmierigem Kollegen Wachek (Leos Noha) an die Geheimpolizei verraten worden. Die erneute Begegnung wird nun zum Auslöser für Alois, sich den Dämonen seiner Vergangenheit zu stellen und ein neues, freieres Leben zu beginnen. Der Film basiert auf der gleichnamigen Graphic Novel des tschechischen Zeichner-Duos Jaroslav Rudis und Jaromir (99) Svejdik. Um den zeichnerischen Charakter des Comic-Romans zu bewahren, hat der Regisseur Tomas Lunak „Alois Nebel“ im Rotoskopie-Verfahren realisiert, einer besonderen Form der Animation, die bereits seit 1915 existiert. Das zunächst mit richtigen Schauspielern gedrehte Filmmaterial wird danach mehrfach Bild für Bild abgezeichnet. So entsteht eine perfekte Symbiose aus Zeichnung und laufendem Bild, die Graphic Novel erwacht zum Leben. Für dieses ästhetische Experiment erhielt Lunak den Europäischen Filmpreis 2012. Ein einzigartiger, großartiger Film.

Tschechien 2011,
Regie: Tomas Lunak,
Darsteller: Miroslav Krobot, Leos Noha, Karel Roden,
ab 12,
84 min