18.00/20.30
Der Trompeter Chet Baker war ein Ausnahmemusiker. Wahlweise als „Mr. Cool“ oder „James Dean des Jazz“ tituliert, erklomm er in den 1950er Jahren die höchsten musikalischen Gipfel. Zehn Jahre später ist Baker völlig am Ende. Von Heroinsucht schwer gezeichnet, wird er in San Francisco brutal zusammengeschlagen und büßt mehrere Zähne ein. Für einen wie ihn kommt das einem Berufsverbot gleich: „Ein Trompeter ohne Zähne ist wie ein Pianist ohne Hände“ sagt er selbst. Doch Baker ist nicht gewillt, einfach klein beizugeben. Bedingungslos unterstützt von seiner neuen Freundin Jane (Carmen Ejogo) will er es seinen Weggefährten und Konkurrenten Dizzy Gillespie und Miles Davis noch einmal zeigen: Mit dem alten Westcoast-Jazzer ist immer noch zu rechnen ! Regisseur Robert Budreau hat seine Hauptfigur mit Ethan Hawke besetzt und damit eine wirklich gute Wahl getroffen. Hawke spielt den Jazz-Musiker sehr überzeugend, mit viel Schmerz in der Seele und großer Wahrhaftigkeit. Robert Budreau präsentiert einen atmosphärisch überaus dichten Film. Was die historische Wahrheit anbelangt, geht der Regisseur allerdings zuweilen, nun ja, experimentierfreudig zu Werke. Da werden manche Begebenheiten schon mal so zurechtgebogen, dass es dramaturgisch passt. Der Wirkung des Films muss das nicht schaden. Budreau arbeitet ausgiebig mit Rückblenden, Traumsequenzen und Halluzinationen. Zuweilen fühlt man sich regelrecht hineingesaugt in diesen betörenden Bilderreigen. Wer mehr Fakten möchte, dem sei ergänzend Bruce Webers Chet Baker-Dokumentation „Let’s get lost“ aus dem Jahre 1988 ans Herz gelegt.
Großbritannien/Kanada 2015, Regie: Robert Budreau, Darsteller: Ethan Hawke, Carmen Ejogo, Callum Keith Rennie, ab 12, 98 min