20.02.13 | Lore

18.00/20.30

 

Filme über die NS-Zeit, den Holocaust, das Kriegsende 1945 gibt es zuhauf. Kann man dem Thema noch etwas Neues abgewinnen? Die australische Regisseurin Cate Shortland zeigt, wie das geht. Sie dreht einfach die Erzählperspektive um. Nicht die Opfer stehen hier im Mittelpunkt, sondern die Täter oder zumindest Menschen, die den Tätern sehr nahestehen. Lore, kaum älter als 15, ist Tochter ranghoher Nazis. Im Frühjahr 1945 steht der Einmarsch der Alliierten unmittelbar bevor. Die Eltern wissen genau, was ihnen jetzt blüht, sie versuchen zu fliehen. Plötzlich steht Lore mit ihren jüngeren Geschwistern alleine da. Die einzige familiäre Zuflucht sind die Großeltern. Doch Lore wohnt in Süddeutschland und die Verwandten in Husum. Dennoch machen sich die Kinder auf den Weg, mitten durch das im Chaos versinkende Deutschland. Als sie in Schwierigkeiten geraten, treffen sie auf den jungen Thomas, der ihnen hilft, aber auch ganz eindeutiges Interesse an Lore zeigt. Und er ist, wie sich bald herausstellt, ein aus dem KZ befreiter Jude. Cate Shortland konzentriert sich in ihrem Film vor allem auf eines, die Weltsicht der von der NS-Ideologie durchtränkten Kinder, die nie etwas anderes kennen gelernt haben als die bedingungslose Liebe zum Führer. Für Lore ist Adolf Hitler die Vaterfigur, der Heilsbringer. Noch lange glaubt sie an den Endsieg und ein besseres Deutschland. Selbst als alles um sie herum in Trümmer fällt, will sie von ihren Grundsätzen nicht lassen. Als Thomas in ihr Leben tritt, löst er einen mächtigen Kampf in ihr aus. Was soll sie noch glauben, wenn ihr Gott tot ist und der größte Feind der NS-Ideologie ihr hilft ? „Lore“ beschreibt einen ganz persönlichen Weltuntergang, eine Ent-Nazifizierung im Kleinen, die die deutsche Gesellschaft im Großen noch vor sich hat.
Deutschland/Australien 2012, Regie: Cate Shortland, Darsteller: Saskia Rosendahl, Nele Trebs, Andre Frid, ab 16, 108 min