20.6. | Der Geschmack von Zement

18.00/20.30

15 Jahre lang hatte der Libanon unter Krieg und Bürgerkrieg zu leiden. 2006 wurde vor allem die Hauptstadt Beirut durch die Kämpfe zwischen der Hisbollah und Israel massiv zerstört. Im Wiederaufbau sind es unter anderem syrische Flüchtlinge, die sich als Bauarbeiter verdingen und riesige Wolkenkratzer in die Höhe ziehen, während ihre eigenen Häuser zuhause in Syrien von Bomben in Schutt und Asche gelegt werden. Die Arbeiter dürfen die Baustellen niemals verlassen. Sie leben, kochen und schlafen in den Kellerräumen der Rohbauten. Der Regisseur Ziad Kalthoum war Soldat, ließ die Schlachtfelder des syrischen Bürgerkrieges aber hinter sich und ersetzt das Gewehr durch die Kamera. Seine anspruchsvolle Dokumentation ist nicht unbedingt massenkompatibel. Es gibt keine klassische Dramaturgie in Form einer klar abgegrenzten Handlung. Typisch für Kalthoums Portrait der syrischen Flüchtlinge ist die oftmalige Trennung zwischen Bildern und Stimmen, es fehlt oft an direkten Bezügen zwischen dem, was man sieht und dem, was man hört. Das ist erst einmal gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich darauf einlässt, ist die Wirkung enorm. Kalthoum präsentiert ein tiefgründiges wie eindringliches Gleichnis von Krieg, Zerstörung und Neubeginn. Die Arbeiter bauen ein Land wieder auf, während gleichzeitig ihr eigenes dem Erdboden gleich gemacht wird. Irgendwann in diesem Film verschmelzen die Bilder und Töne der Zerstörung mit denen des Neuanfangs. In diesen Szenen wird der Irrsinn von Krieg und Gewalt besonders deutlich – die Unfähigkeit des Menschen die Welt friedlich zu gestalten.

Deutschland/Libanon/Syrien 2017, Regie: Ziad Kalthoum, Dokumentation, ab 12, 85 min