18.00/20.30
Tina schnüffelt. Immer wieder und ganz offiziell. Nichts ist vor der Spürnase der schwedischen Zollbeamtin sicher. Da kann der Alkohol noch so gut versteckt sein. Auch die sorgsam umhüllte Speicherkarte mit kinderpornographischem Material fördert sie zutage. Ihre Erfolgsquote liegt bei 100 Prozent. Beliebt ist sie bei ihren Kollegen trotzdem nicht. Tina (Eva Melander) fällt durch ihr Äußeres auf. Ihr Gesicht wirkt, als sei es nach einem schlimmen Unfall von zweifelhaften und gleichgültigen Schönheitschirurgen nur notdürftig zusammengeflickt worden. Eine „Chromosomenveränderung“ sei daran schuld, hat sie von ihrem Vater gelernt. Tina leidet unter ihrem Anderssein und den Verletzungen, die sie in ihrem Leben deswegen erfahren hat. Bis eines Tages Vore (Eero Milonoff) vor ihr steht. Der ähnelt ihr auf geradezu verstörende Weise. Doch Vore ist im Gegensatz zu Tina stolz auf seine Andersartigkeit und das fasziniert sie ungemein. Diese Grundsituation bettet die aus Teheran stammende und seit langem in Schweden beheimatete Regisseurin Ali Abashi in eine düstere und märchenhafte Handlung ein. „Border“ ist Sozialdrama und gleichzeitig Fantasy-Film. Tina trägt im Alltag ihre Zolluniform, ist daneben aber auch in einer mystischen Welt unterwegs, in der schon mal Elch und Fuchs zum Hausbesuch vorbeischauen – Ali Abashi inszeniert beide Welten mit derselben Selbstverständlichkeit. Das Hauptthema, das die Regisseurin ausbreitet, ist uralt. Das Fremdsein und die andauernde Ausgrenzung einzelner Menschen oder einer Minderheit aus der Mehrheitsgesellschaft: Mögen die äußeren Umstände auch andere sein, der vor genau 200 Jahren erschienene meisterhafte Roman „Frankenstein“ beschreibt nichts anderes.
Schweden 2018, Regie: Ali Abashi, Darsteller: Eva Melander, Eero Milonoff, ab 16, 110 min