18.00/20.30
Erneut kommt das Leben der legendären österreichischen Kaiserin Elisabeth (Sissi) in die Kinos. Neu daran: Die Regisseurin Frauke Finsterwalder nimmt in ihrem Film die Perspektive eines weniger prominenten Menschen ein, der der Kaiserin für eine Weile sehr nahe gekommen ist. Die Gräfin von Sztaray (Sandra Hüller) ist diese Augenzeugin, für die eine Anstellung bei Hofe die einzige Alternative darstellt zum ungeliebten Leben als Ehefrau oder Nonne. Leicht wird der Einstieg für die 42-jährige allerdings nicht. Als die Gräfin in der Hitze Korfus auf der Sommerresidenz des Kaiserhofes ankommt, erschöpft und halb verdurstet, wird sie erst einmal auf Herz und Nieren auf ihre Eignung als Gefährtin der Kaiserin geprüft. Wie auf dem Pferdemarkt wird sie von ihrer Vorgängerin untersucht, vermessen und gewogen. Wie Marie Kreutzer in ihrem Film „Corsage“ entwirft die Regisseurin Finsterwalder ein konsequentes Gegenbild zur lieblichen Märchenprinzessin. Sie entdeckt in der österreichischen Kaiserin eine Frau, die sich gegen gesellschaftlichen und höfischen Druck auflehnt und gibt ihrer Sisi (Susanne Wolff) im griechischen Inselrefugium den Freiraum einer Frauenkommune. Und ähnlich wie Kreutzer unterwandert auch sie die Historientreue mit kräftigen Brückenschlägen zur Moderne, vor allem in Mode und Musik. Aus raschelnden Röcken und eng geschnürten Korsetts werden elegante japanische Kostüme und der frauenpunkige Soundtrack mit Songs von Portishead, The WouldBeGods und Nico birst geradezu vor aufmüpfiger Lebenslust. Hätte den Geschmack der wirklichen Sisi aus dem 19. Jahrhundert möglicherweise getroffen.
Deutschland/Österreich 2023, Regie: Frauke Finsterwalder, Darsteller: Sandra Hüller, Susanne Wolff, Georg Friedrich, ab 12, 132 min