18.00/20.30
Eine Möwe fliegt über das Mittelmeer. Umschnitt auf ein voll besetztes Flüchtlingsboot. Im nächsten Bild thront ein Leuchtturm, anschließend patrouilliert ein Hubschrauber den Strand entlang. Dazwischen räumt das Zitat eines Bürgerrechtlers allen Menschen das Recht ein, frei zu leben. Der chinesische Konzeptkünstler Ai Weiwei tritt seit jeher für Menschenrechte ein. Mit „Human Flow“ legt er nun eine dokumentarische Betrachtung weltweiter Migrationsbewegungen vor. Die Bildfolge am Anfang zeigt bereits die konzeptionelle Ausrichtung des gesamten Films. Weiwei geht es um visuelle Vermittlung der Wanderungsbewegungen, nicht um Ursachenforschung oder Lösungen. Die Bilder bleiben weitgehend unkommentiert. Nur in kleinen Dosen kommen Betroffene, Flüchtlingshelfer und Offizielle zu Wort. Das Bildpanorama geht mehr in die Breite als in die Tiefe und setzt entsprechendes Grundwissen voraus. Insgesamt 25 Kamera-Teams dokumentieren Menschenströme und Flüchtlingslager auf aller Welt, von Griechenland und Frankreich geht es nach Pakistan und Kenia. Das überlädt den Dokumentarfilm leider ein wenig, dem mit der ambitionierten Laufzeit von 140 min eine gewisse Kürzung gut getan hätte. Diskutabel ist auch Weiweis Hang zur Selbstinszenierung. Des öfteren taucht der Regisseur persönlich vor der Kamera auf, einmal mit einem Zettel in der Hand: „Ai Weiwei stands with refugees“. Andererseits erzeugt Ai Weiweis internationale Bekanntheit durch derartige Aktionen aber auch die nötige Aufmerksamkeit für ein Thema, über das so manch einer nichts mehr hören und sehen will.
Deutschland 2017, Regie: Ai Weiwei, Dokumentation, ab 6, 140 min