27.11. | Deutschstunde

Max Ludwig Nansen (Tobias Moretti), Siggi Jepsen (Levi Eisenblätter)

18.00/20.30
„Die glauben, dass Malen gefährlich ist. Die glauben, dass ich gefährlich bin.“ Der Künstler Max Ludwig Nansen versteht die Welt nicht mehr. Seine Werke gelten den Nationalsozialisten als entartet. Die Einhaltung des Berufsverbots soll ausgerechnet der Dorfpolizist Jens Ole Jepsen (Ulrich Noethen) überwachen, Nansens langjähriger Jugendfreund. Trotz ihrer engen Bande ist Jepsen gewillt, die Befehle aus Berlin penibel umzusetzen. „Das ist meine Pflicht.“ Diesen Satz käut er unermüdlich wieder, er sagt ihn, dann brüllt er ihn. Die berufliche Pflicht überlagert alles andere. Die tragische Hauptfigur in diesem Geschehen ist der elfjährige Siggi (Levi Eisenblätter), Sohn von Jepsen und Patenkind von Nansen. Er soll dem pflichtbewussten Polizisten dabei helfen, den Maler zu überwachen. Gleichzeitig baut der auf seine Hilfe. Nansen bringt dem Jungen das Malen bei – auch, weil er so das Malverbot umgehen kann. Siggi zerbricht an dem Versuch, beides zu sein, engster Vertrauter seines Onkels und fügsamer Sohn seines Vaters. In „Deutschstunde“, einer Adaption des gleichnamigen Romans von Siegfried Lenz, führt der Regisseur Christian Schwochow den Zuschauer zurück in das Jahr 1943, nach Rugbüll, einem fiktiven Kaff am nördlichsten Zipfel Schleswig-Holsteins. Obwohl in seiner Geschichte der Zweite Weltkrieg tobt, holt Schwochow seinen Film mit subtilen Mitteln in die Jetztzeit. Er zeigt keine Hakenkreuze, kaum historische Requisiten – das Damals rückt bedrohlich nahe. Schwochow thematisiert die Zerstörung menschlicher Beziehungen in einer terroristischen Diktatur. Er rückt die Frage in den Mittelpunkt, was in einer Gesellschaft geschieht, wenn Moral und geltendes Recht plötzlich auseinanderdriften und ein brutales Regime durch diesen Gegensatz die Seelen ganz normaler Menschen zermalmt.

Deutschland 2019, Regie: Christian Schwochow, Darsteller: Levi Eisenblätter, Tobias Moretti, Ulrich Noethen, ab 12, 125 min