18.00 /20.30
Das hat es noch nie gegeben: Über dem Petersplatz in Rom steigt weißer Rauch auf, ein neuer Papst ist gewählt – doch der sagt einfach nein. Ich mach’s nicht, vor allem, ich kann’s nicht. Die Aufgabe übersteigt meine Kräfte. Alle Versuche der Kardinäle, den Widerspenstigen zu überzeugen, schlagen fehl. Der vatikanische Super-Gau ist Wirklichkeit. Michel Piccoli verkörpert diesen abgängigen Papst und wie er das tut. Im Augenblick seiner Wahl fährt die Kamera nah an sein Gesicht. In seinem Blick liegt das ganze Spektrum seiner Gefühle: Erstaunen und Amüsement, Ungläubigkeit und Stolz, Irritation und Begeisterung. Ein Blick, der bereits das vorwegnimmt, was unweigerlich kommen wird: Das entschiedene Nein des Kardinals angesichts der ihm übermenschlich scheinenden Aufgabe, Gottes Stellvertreter auf Erden zu sein. Diese noch nie dagewesene Entscheidung zeitigt Hektik und Stillstand zugleich. Die Kardinäle dürfen das Konklave erst wieder verlassen, wenn ein neues Kirchenoberhaupt gefunden worden ist. Also bleiben sie im Zwangs-Kollektiv, halten sich am Heimtrainer fit, bauen Puzzles zusammen oder träumen von den ganzen Süßigkeiten in Roms Konditoreien. Regisseur Nanni Moretti ist bekennender Atheist. Dennoch erzählt er dieses Märchen einer Papstwahl mit warmherziger Ironie und getragen von einem tiefen Respekt vor einem Ritual, mit dem sich Millionen von Menschen identifizieren. Morettis Publikumserfolg in Italien und Frankreich ist viel auf einmal: Charakterstudie und Komödie, amüsantes Gedankenspiel und außerdem noch etwas, das hintergründige Märchen von einem Akt der Anarchie, der einem streng strukturierten und mächtigen System den Boden entzieht.
Italien/Frankreich 2010, Regie: Nanni Moretti, Darsteller: Michel Piccoli, Nanni Moretti, 110 min