28.6. | Der vermessene Mensch

18.00/20.30

Der Film beginnt 1896 in Berlin. Im Rahmen der ersten deutschen Kolonialausstellung reisen Vertreter der Herero und Nama aus der Kolonie Deutsch-Südwestafrika an, in der Hoffnung, mit dem Kaiser über ihre schwierige Lage sprechen zu können. Stattdessen werden sie einem sensationsgierigen Publikum wie Zootiere vorgeführt und von Ethnologen untersucht und vermessen wie wissenschaftliche Objekte. Der Doktorand Alexander Hoffmann (Leonard Scheicher) steht der gängigen Theorie, schwarze Menschen seien intellektuell unterlegen, skeptisch gegenüber. Seine Begegnung mit Kezia Kambazembi (Girley Jazama), der Dolmetscherin der Hereros, bestärken seine Zweifel weiter. Als wenige Jahre später in der Kolonie ein Aufstand der Herero und Nama blutig niedergeschlagen wird, begleitet Hoffmann im Auftrag des Völkerkundemuseums die deutschen Truppen – und hofft insgeheim auf ein Wiedersehen mit Kezia. Der Regisseur Lars Kraume widersteht zum Glück der Versuchung, daraus eine Liebesgeschichte zu machen. Auch sein Ansatz, den Film konsequent aus der Täterperspektive zu erzählen, ist nach Lage der historischen Ereignisse die richtige Entscheidung, allerdings ergibt sich daraus das unvermeidliche Dilemma, dass man gerne mehr erfahren würde über die Menschen, die diesem Film seinen Titel geben. Dennoch ist Kraume eine kraftvolle und erschütternde Geschichte über die deutsche Kolonialzeit im südlichen Afrika gelungen.

Deutschland 2023,
Regie: Lars Kraume,
Darsteller: Leonard Scheicher, Girley Jazama, Peter Simonischek,
ab 12,
116 min