18.00/20.30
In der griechischen Mythologie trägt der Titan Atlas zur Strafe das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern. Auch der menschliche Titan in David Nawraths Spielfilmdebüt schleppt vieles mit sich herum, körperlich und seelisch. Der 60-jährige Ex-Gewichtheber Walter (Rainer Bock) verdingt sich in Frankfurt am Main als Möbelpacker bei einer Firma, die sich auf Zwangsräumungen spezialisiert hat. Innerlich drückt ihn eine familiäre Schuld zu Boden. Nach einem heftigen Streit ließ er einst seinen Sohn Jan (Albrecht Schuch) im Stich, seit Jahrzehnten hat er ihn nicht mehr gesehen. Da öffnet sich die Tür zur nächsten Zwangsräumung – und Walter meint Jan zu erkennen. Zunächst wartet er ab, um dann doch vorsichtige Annäherungsversuche zu unternehmen. Regisseur Nawrath ist mit seinem Film ganz nah am Puls der Zeit. Vor allem in den Großstädten ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt besorgniserregend, die Mieten explodieren. „Atlas“ greift diese Problematik auf und verbindet sie mit dem persönlichen Schicksal des Möbelpackers. Der sonst meist in Nebenrollen zu sehende Rainer Bock verkörpert diesen schweigsamen, stoischen Zeitgenossen. Anfangs fällt ihm nur eine Beobachterrolle zu, aber seine persönliche Verwicklung bringt ihn zum Umdenken über seine Arbeit. Walter wird alle Last auf sich nehmen müssen, buchstäblich und im übertragenen Sinne. Ein bewegendes Familiendrama im Gewand eines hochaktuellen Immobilien-Thrillers.
Deutschland 2018, Regie: David Nawrath, Darsteller: Rainer Bock, Albrecht Schuch, Uwe Preuss, ab 12, 100 min