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Im Februar 1934 beschließt der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig, seine Heimat zu verlassen und nach England ins Exil zu gehen. Anlass ist eine Durchsuchung der Polizei in seinem Haus in Salzburg, unerlaubter Waffenbesitz lautet der Vorwurf. Eine groteske Anschuldigung in Bezug auf Stefan Zweig, den bekannten Humanisten und Pazifisten. Auch die untersuchenden Beamten sehen das so, klopfen pro forma die Wände ab und verschwinden nach einer halben Stunde wieder. Für Zweig ist der Vorfall trotzdem Grund genug, seiner Heimat notgedrungen den Rücken zu kehren. Zu stark ist für den weitsichtigen Autor der Einfluss der deutschen NS-Machthaber auch in seiner österreichischen Heimat bereits geworden. Die nachfolgenden Jahre im Londoner Exil bis 1940 und anschließend in Brasilien beleuchtet die Regisseurin Maria Schrader in ihrer Filmbiographie „Vor der Morgenröte“. Josef Hader verkörpert den entwurzelten und hoffnungslosen Poeten ganz und gar grandios. Eine ernsthafte und glaubwürdige Tiefe verleiht Hader seiner Rolle und den seelischen Abgründen dieses Weltbürgers, der mit der Zerstörung der europäischen Zivilisation durch die NS-Herrschaft alles verlor, seinen Lebensmittelpunkt Österreich und zugleich seine geistige Heimat. Zweig sah für sich keine andere Möglichkeit, als seinem Leben im Februar 1942 selbst ein Ende zu setzen. In seinem Abschiedsbrief finden sich die abschließenden Zeilen, die auch diesem Film den Titel gaben: „Ich grüße alle meine Freunde! Mögen sie die Morgenröte noch sehen nach der langen Nacht! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus.“
Deutschland/Österreich 2015, Regie: Maria Schrader, Darsteller: Josef Hader, Barbara Sukowa, Aenne Schwarz, ohne Altersbeschränkung, 107 min