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Das kleine französische Städtchen Angouleme des Jahres 1820 ist für den angehenden Dichter Lucien de Rubempre (Benjamin Voisin) kein gutes Pflaster. Mit seiner Dichtkunst groß herauskommen kann er nur in Paris. Mit seiner Geliebten, der Kunstmäzenin Louise de Bargeton (Cecile de France) zieht er in die pulsierende Metropole. Die Adelige führt ihn ein in die einflussreichen Kreise der Hauptstadt, lässt ihn jedoch alsbald wieder fallen, als die ungeschliffenen Manieren ihres kleinbürgerlichen Lovers ihren gesellschaftlichen Status gefährden. Einfach aufgeben ist für Lucien jedoch keine Option. Durch den Redakteur Etienne Lousteau (Vincent Lacoste) lernt er die Spielregeln des Pariser Journalismus kennen. Schnell entwickelt er sich zu einem ebenso geistreichen wie boshaften Schreiber. Der Regisseur Xavier Giannoli nimmt sich in seinem Film den Roman „Ein großer Mann aus der Provinz in Paris“ von Honore de Balzac zur Grundlage. Giannoli skizziert in präzisen Strichen die Goldgräberstimmung der nach-napoleonischen Epoche. Stürmische Modernisierung geht einher mit dem ständigen Kampf zwischen aristokratischen Royalisten und den neureichen bürgerlichen Emporkömmlingen. Zu denen gehört letztlich auch Lucien, der mit seinen hämischen und bissigen Artikeln die Regierung verspottet – und doch Eingang finden will in die adligen Salons. Auch der Kunstbetrieb wird von einer gewissen Wildweststimmung beherrscht. Boulevardtheater müssen Schutzgeld an potentielle Eierwerfer bezahlen und Erpressung durch angedrohte Verrisse in den Zeitungen ist übliche Praxis. In dieser Schlangengrube bewegt sich Lucien mit seinen Artikeln, kommt sich dabei königlich vor und ist doch nur eine Marionette im großen Spiel um Macht und Einfluss. Ein tragischer Ikarus, der seinen Traum Schriftsteller zu werden nicht begraben kann, aber seine Künstlerseele längst dem Teufel verkauft hat.
Frankreich 2021, Regie: Xavier Giannoli, Darsteller: Benjamin Voisin, Cecile de France, Vincent Lacoste, 149 min