18.00/20.30
Noch ein Film über Flüchtlinge, die auf wackligen Booten das Mittelmeer überqueren, um nach Europa zu gelangen. Das mag man im ersten Augenblick über Markus Imhoofs Dokumentation „Eldorado“ denken. Doch der Schweizer Regisseur geht an die Thematik sehr ungewöhnlich heran. Er begibt sich auf zwei Reisen, die er in seinem Film lose, aber bestimmt nebeneinander stellt. Die erste führt ihn direkt in seine eigene Vergangenheit. Imhoofs Familie nahm während des Zweiten Weltkrieges ein italienisches Flüchtlingskind namens Giovanna auf, für ein paar Jahre lebte das Mädchen in der Schweiz und kehrte dann nach Italien zurück. Diese Begegnung prägte Imhoof offensichtlich sehr. Nun, Jahrzehnte danach, macht er sich auf zu einer späten Spurensuche. Die zweite Reise beginnt auf dem Mittelmeer, wo der Regisseur die italienische Rettungsaktion „Mare Nostrum“ begleitet, die zehntausende Bootsflüchtlinge rettete und nach Italien brachte. Doch während andere Filme die Ereignisse aus Sicht der Helfer betrachten, nimmt Imhoof die Perspektive der Flüchtlinge ein. Er mischt sich unter sie und begleitet sie bis ins italienische Auffanglager hinein. Mit versteckter Kamera dreht er dort und es sind keine angenehmen Bilder, die dabei herauskommen. Die Verhältnisse in den Flüchtlingslagern sind von denen in Slums afrikanischer Vorstädte kaum zu unterscheiden. Ein aufwühlender Film, geprägt von empathischer Zurückhaltung und ohne jeden erhobenen moralischen Zeigefinger.
Schweiz/Deutschland 2018, Regie: Markus Imhoof, Dokumentation, ab 6, 95 min