18.00/20.30
Im Rahmen der Literarischen Wochen
in Kooperation mit der Volkshochschule Bremerhaven
Zur Vorstellung um 18 Uhr gibt es eine Einführung von Silke Siedenburg, Kommunales Kino Bremerhaven
Josef Bartok (Oliver Masucci) hat keine Chance. Schon ein paar Stunden vor dem Einmarsch des nationalsozialistischen Deutschlands in Österreich am 12. März 1938 wird er in Wien verhaftet, durch die Gestapo im Verbund mit heimischen Nazischergen. Der prominente Anwalt soll den neuen Herren die von ihm verwalteten Schweizer Nummernkonten offenbaren. Bartok wird in das Gestapohauptquartier, das Hotel Metropol, gebracht und verhört von Gestapochef Böhm (Albrecht Schuch) persönlich. Der hat sich für sein Opfer eine ganz spezielle Sonderbehandlung ausgedacht. Bartok wird von dem als kultivierter Weltmann auftretenden Böhm nicht körperlich gefoltert. Für ihn gibt es eine besondere Art der Isolationshaft, um seinen Widerstand seelisch zu brechen. Bartok muss mehrere Monate in seinem Zimmer verbringen, ohne Uhr, ohne Bücher, ohne Beschäftigung, ohne jegliche geistige Nahrung. Doch dann gelingt es ihm, ein Buch zu stehlen – das sich als Fachbuch mit nachgezeichneten Schachpartien entpuppt. Und Bartok spielt diese Partien jetzt selber nach, mit aus Brotkrümeln geformten Schachfiguren auf den als Spielfeld dienenden Kacheln des Badezimmers. Doch was als geistiger Ausweg gedacht war, erweist sich sehr bald als seelischer Alptraum. Der Film des Regisseurs Philipp Stölzl ist die Neuverfilmung von Stefan Zweigs letztem Meisterwerk. Zweig selbst spricht in seiner Novelle von „Schachvergiftung“ und genau diesem manischen Zustand verfällt der Eingesperrte immer stärker. Mehr und mehr verschwimmen nicht nur bei Bartok, sondern auch beim Zuschauer die Grenzen von Wahn und Wirklichkeit. Ein beeindruckendes Psychogramm eines Unbeugsamen, der versucht, der geistigen Isolation in der Einzelhaft zu trotzen.
Deutschland/Österreich 2020, Regie: Philipp Stölzl, Darsteller: Oliver Masucci, Albrecht Schuch, Birgit Minichmayr, ab 12, 112 min