
18.00/20.30
Bayern 1962. Vater, Mutter, drei Kinder sitzen in ihrem Auto, ein netter Familienausflug in einer heilen Welt, so scheint es. Doch beim Toilettenstopp im Grünen läuft die 12-jährige Karla (Elise Krieps) davon. Sie rennt über Wiesen und Felder, schlägt sich durch zum nächsten Polizeirevier.und erstattet Anzeige – gegen ihren Vater. Es ist nicht ihr erster Versuch. Sie hat nachgelesen in der Bibliothek. Über Gesetze und Paragraphen für „unzüchtige Handlungen“ oder über „das Recht auf Leben“. Ob das auch ein Recht auf ein gutes Leben sei und ob das auch für Kinder gelte, fragt sie Richter Lamy (Rainer Bock), der spät in der Nacht hinzugezogen wird. Doch den Tathergang kann und will sie nicht schildern. Zunächst wird Karla im Mädchenheim eines Klosters untergebracht. Dass sie sich bei den strengen Nonnen wohler fühlt als zuhause bei ihrer Familie, ist für den Richter ein Grund mehr, ihr zu glauben. Ein brummiger Typ, dieser Richter Lamy; immerhin kann er zuhören und er nimmt Karla ernst. Und dann die scheinbar aussichtslose Gerichtsverhandlung, in der die Aussage des Mädchens gegen die der Mutter (Katharina Schüttler) als Zeugin und die des Vaters (Torben Liebrecht), dem Angeklagten, steht. Feinfühlig und berührend erzählt die Regisseurin Christina Tournatzes diese wahre Geschichte von 1962, in kurzen und intensiven Dialogen und mit poetischen Ausflügen in Karlas Phantasiewelt, in die sie sich immer wieder flüchtet. Eine stille Kraft erfüllt die traumatisierte 12-jährige zwischen hilflosem Schweigen und ihrem unbändigen Willen nach Gerechtigkeit und einem Leben ohne Übergriffe. Ein leiser Film, der unter die Haut geht und gleichzeitig eine ungeheure Spannung aufbaut.
Deutschland 2025, Regie: Christina Tournatzes, Darsteller: Elise Krieps, Rainer Bock, Katharina Schüttler, Torben Liebrecht, ohne Altersangabe, 104 min