Man muss kein Champagnertrinker sein, um mit dem Namen „Veuve Clicquot“ etwas anfangen zu können. Die Marke sticht im Weinregal jedes besseren Supermarkts unverkennbar hervor und gilt als Inbegriff eines Luxusprodukts, das zur Massenware geworden ist. Der Film setzt im Jahr 1805 ein, unmittelbar nach dem Tod von Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardins Ehemann Francois. Entgegen den Plänen ihres Schwiegervaters besteht die erst 27-jährige Witwe und alleinerziehende Mutter darauf, das Weingut Ihres Mannes weiterzuführen. Der Weinbau ist ihr eine Berufung und wie bereits ihr Mann (Tom Sturridge als manisch-depressiver Feingeist) verfolgt sie einen qualitativen Ansatz, der die Champagnerwelt revolutionieren wird. Der britische Regisseur Thomas Napper zeichnet ein vielschichtiges Stimmungsbild und das Charakterportrait einer emanzipierten Frau. Es ist die Geschichte einer weiblichen Selbstbehauptung in einem männlich dominierten Geschäftszweig. Haley Bennett spielt Clicquot-Ponsardin mit stiller Resolutheit als ebenso kluge wie kühne Persönlichkeit – eine Visionärin würde man heute sagen. „La Grande Dame“ heißen ihr zu Ehren die Jahrgangschampagner des Hauses Clicquot. Im Supermarkt bekommt man sie nicht.
USA 2023, Regie: Thomas Napper, Darsteller: Haley Bennett, Tom Sturridge, Natasha O’Keeffe, ab 12, 90 min
Passend zum Film und zum Beginn des neuen Jahres lädt das Koki nach der 18-Uhr-Vorstellung (und vor der 20.30-Vorstellung) zu einem Glas Sekt ein
Ist die Auseinandersetzung mit der Person Leni Riefenstahl heute noch relevant? Wie eng Riefenstahl mit dem NS-Regime verstrickt war und dass sie sehr wohl über dessen Verbrechen Bescheid wusste, ist mittlerweile gut belegt. Die Dokumentation des Regisseurs Andreas Veiel geht jedoch darüber hinaus; sie ist auch eine Auseinandersetzung mit der Art und Weise, wie Leni Riefenstahl jahrzehntelang die Lüge aufrechterhielt, sie habe von den Verbrechen nichts gewusst und sei nur an künstlerischer Arbeit interessiert gewesen. Entstanden ist der Film durch die Initiative von Sandra Maischberger, die Leni Riefenstahl 2002 interviewt hatte. Der Umstand, aus ihr nicht wirklich etwas herausgelockt zu haben, veranlasste sie dazu, sich um Riefenstahls Nachlass zu bemühen, der 2016 an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gegangen war. Gemeinsam mit Andreas Veiel ist ein Dokumentarfilm entstanden, der komplett aus seinem Material heraus gedacht ist. „Riefenstahl“ kommt ohne kommentierende Interviews aus, nur gelegentlich gibt eine Offstimme knappe Hintergrundinformationen. Auch einen linearen Aufbau gibt es nicht, der Film springt hin und her zwischen unterschiedlichen Zeitabschnitten und verschiedenen Dokumenten, neben Filmausschnitten und alten Interviews werden auch Briefe, private Videoaufnahmen und Telefonate präsentiert, die Riefenstahl aufzeichnete. Wie ein Puzzle setzt der Film die Biographie von Riefenstahl zusammen. Ohne Anspruch auf endgültige Deutung spürt die Dokumentation dem Charakter ihrer Protagonistin und der Faszination für sie nach und unterstreicht noch einmal mit neuen Materialien, wie Leni Riefenstahl mit dem NS-Regime verbunden war.
Deutschland 2024, Regie: Andreas Veiel, Dokumentation, ab 12, 115 min
Eine Roadmovie-Komödie über die Sehnsucht nach Freiheit und die Verwirklichung von Träumen: Hilde, Karl und Philip leben in einem Bremer Wohnheim für Menschen mit Behinderung. Während die beiden Jungs in einer Werkstatt arbeiten, wo sie Spielzeug- “Watschelenten“ herstellen, schält Hilde als Küchenhilfe eimerweise Kartoffeln. Von der Alltagsroutine gelangweilt, beschließt das Trio eines Tages, aus dem Heim auszubüchsen und Urlaub in Köln zu machen.
Nach einigen Abenteuern verliert Philip seinen Rollstuhl und muss von da an durch Köln „hopsen“. Schließlich verpassen die Freunde auch noch ihren Zug zurück nach Bremen – und fahren stattdessen kurzerhand nach Paris.
Enno, ihr zynischer Betreuer, wird beauftragt, die Ausreißer zurückzubringen. Eine wilde Verfolgungsjagd beginnt.
Im Beisein von Regisseur und Mitwirkenden
Deutschland 2002, 90 Min. R: Elke Besuden, Pago Balke D: Paula Kleine, Wolfgang Göttsch, Frank Grabski, Dominique Horwitz, Aglaia Szyszkowitz, Martin Lüttge, Corinna Harfouch, Hella von Sinnen u.a.
Die erste Szene wirft uns mitten hinein ins Geschehen. Wir befinden uns in einem Strip-Club, eine Reihe nahezu nackter Frauen vollführt zu Disco-Musik erotische Lapdances an zahlenden Kunden. Eine der Frauen isr Anora (Mikey Madison), von allen nur Ani genannt. Eines Abends soll sie sich um einen jungen Russen kümmern, weil sie aus Usbekistan stammt und etwas Russisch spricht. Ivan, nur Vanja genannt, ist der Sohn eines steinreichen Oligarchen. Die beiden verstehen sich gut und am Ende lädt Vanja Ani, gegen fürstliche Bezahlung, in seine absurd große Villa ein. Aus einer Nacht wird eine Woche und während eines anschließenden rauschhaften Trips nach Las Vegas nimmt Ani Vanjas (bekifften) Heiratsantrag an, so verzaubert ist die junge Frau von dieser luxuriösen Welt. Doch bald weicht die Romantik der Realität, umso mehr als Vanjas Eltern von der Hochzeit erfahren und alles daran setzen, diese annullieren zu lassen. Eine dreiköpfige Kampfgarde wird losgeschickt, doch als Toros, Garnick und Igor in der Villa eintreffen, flieht der panische Vanja. Eine mehr oder weniger freiwillige Zweckgemeinschaft bildet sich aus Ani und den drei Russen, um den ungezogenen Sohn und flüchtigen Ehemann aufzuspüren. Der Tonfall des Films wird rauher, Düsternis breitet sich aus. Eine weitere bittere Wendung im Geschehen macht vor allem eines deutlich: Es geht hier um Klassenverhältnisse, Macht, Geld und Würde. Und je mehr Zeit Ani mit Toros, Garnick und Igor verbringt, desto klarer wird, dass auch diese drei eigentlich ihre Leidensgenossen sind – Spielfiguren in den Händen einer gedankenlosen Oberschicht.
USA 2024, Regie: Sean Baker, Darsteller: Mikey Madison, Mark Eydelshteyn, Paul Weissman, ab 16, 139 min
In Kooperation mit dem Palliativverein Bremerhaven
Ivo (Minna Wündrich) ist Palliativpflegerin; jeden Tag legt sie weite Strecken mit dem Auto zurück, um todkranke Patienten zu versorgen. Ivo erledigt ihre Aufgaben mit stoischer Ruhe, der Stress ist ihr zunächst kaum anzumerken. Wie kräfte- und nervenzehrend ihre Tätigkeit ist, zeigt sie indirekt, etwa wenn sie beim Ankommen in einer Wohnung als erstes hastig ein Glas Wasser in sich hineinstürzt oder wenn sie im Auto eilig eine Portion Fast Food hinunterschlingt. Ivos Auto wird ohnehin zu einem ständigen Schauplatz. Es ist wie zweites Zuhause und dient als Rückzugsort zum Durchatmen, kann bei Stau und chaotischem Verkehr aber ebenfalls zum Stressfaktor werden. Der Ausnahmezustand ist in der Palliativmedizin ohnehin Alltag. Gemeistert wird der durch die Professionalität, sich der zum Beruf gehörenden Schwere stellen zu können, ohne dass diese das eigene Leben bestimmt. Ivo zeigt bei ihrer Arbeit die nötige Mischung aus Empathie und Pragmatik. Nur bei ihrer Patientin Solveigh (Pia Hierzegger) gelingt ihr das nicht, denn die ist eine gute Freundin von ihr. Geschickt baut die Regisseurin Eva Trobisch das Gefühl von immer stärkerer Anspannung auf, das sich irgendwann entlädt. Erschwerend kommt hinzu, dass Ivo mit Solveighs Partner Franz (Lukas Turtur) eine Affäre hat. Es ist nicht überraschend, dass diese Dreiecks-Konstellation zu Konflikten führt.
Deutschland 2024, Regie: Eva Trobisch, Darsteller: Minna Wündrich, Pia Hierzegger, Lukas Turtur, ab 12, 105 min
Nach der 18-Uhr-Vorstellung stehen die Koordinatoren des Palliativvereins Ute Horn, Claudia Klossok und Sarah Seyhan für Fragen zur ambulanten Palliativ-Versorgung zur Verfügung.
Die New Yorker Bestseller-Autorin Ingrid (Julianne Moore) erfährt vom Krebsleiden ihrer alten Freundin Martha (Tilda Swinton), einer ehemaligen Kriegsreporterin, die sie seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Besorgt sucht Ingrid Martha im Krankenhaus auf. Trotz deren labilen Zustands ist zwischen den alten Freundinnen schnell wieder eine vertraute Nähe da. Ingrid beginnt, regelmäßig mit Martha Zeit zu verbringen, die beiden führen ausführliche Gespräche über sich, das Leben und das Sterben, die Liebe und die Kunst. Als Martha Ingrid schließlich bittet, gemeinsam mit ihr einige Wochen in einem idyllisch gelegenen Haus in den Wäldern Neuenglands zu verbringen, erklärt diese sich bereit dazu, wohl wissend, dass die unheilbar erkrankte Martha dort ihr Ende selbst bestimmen will. Der spanische Regisseur Pedro Almodovar hat mit dem Sterbehilfe-Roman „Was fehlt dir“ von Sigrid Nunez aus dem Jahr 2020 den richtigen Stoff und die perfekte Besetzung gefunden, um erstmals einen abendfüllenden Spielfilm in englischer Sprache zu inszenieren. Auch wenn er auf der anderen Seite des Atlantiks spielt, ist man sofort mittendrin im Almodovar-Universum. „The Room Next Door“ ist ein intimes Zwei-Frauen-Kammerspiel. Unsentimental und untheatralisch, fast nüchtern und leise inszeniert Almodovar diese Begegnungen am Ende eines Lebens. In Venedig bekam er den Goldenen Löwen dafür.
Spanien/USA 2024, Regie: Pedro Almodovar, Darsteller: Julianne Moore, Tilda Swinton, John Turturro, ab 12, 110 min.
20.30-Vorstellung : Im englischen Original mit deutschen Untertiteln
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