18.00/20.30
„Coup de chance“, so der Originaltitel, spielt in Paris, dessen romantischen Charme der Kameramann Vittorio Storaro mit Beiläufigkeit einfängt. Die Besetzung besteht ausschließlich aus französischen Schauspielern, gedreht wurde folgerichtig in französischer Sprache. Im Zentrum der Geschichte steht Fanny (Lou de Laage), die für ein Pariser Auktionshaus arbeitet und mit dem etwas undurchsichtigen Geschäftsmann Jean (Melvil Poupaud) verheiratet ist – ein power couple wie aus dem Bilderbuch. Doch gleich in der ersten Szene läuft Fanny einem alten Studienfreund über den Weg, Alain (Niels Schneider), einem mäßig erfolgreichen Schriftsteller mit charmantem Schlabber-Sakko. Es kommt, wie es kommen muss. Die beiden beginnen eine leidenschaftliche Affäre. Natürlich riecht der smarte Jean sehr schnell den Braten und schmiedet einen Plan, um seine Ehe zu retten. Die weitere Geschichte ist durchaus vorhersehbar, doch es geht weniger um das, was passiert, als vielmehr um das Wie und das Warum. Da ist das großbürgerliche, sich mit Kunst und Kultiviertheit schmückende Milieu, da sind die Szenen einer Ehe und eine Untreue. Und da ist ein vermeintlich perfektes Verbrechen, dessen Mechanismen sich auf unvorhersehbare Weise verselbständigen. Ganz unangestrengt läuft Regisseur Woody Allen hier zu großer Form auf. Geschrieben und inszeniert mit der souveränen Nonchalance eines Mannes, der nichts mehr beweisen will und nichts mehr beweisen muss. In Venedig sagte der Altmeister anlässlich der Premiere seines Films, dass dies möglicherweise seine letzte Regiearbeit sei. Es wäre ein runder Abschluss seiner Karriere. Dass dieser „Glücksfall“ sein letzter Film sein soll, möchte man trotzdem nicht hoffen.
USA/Frankreich 2023, Regie: Woody Allen, Darsteller: Lou de Laage, Melvil Poupaud, Niels Schneider, ab 12, 93 min