
18.00/20.30
In der von 1964 bis 1985 andauernden Militärdiktatur wurden in Brasilien viele Regimekritiker verhaftet, gefoltert und ermordet. Die Hinterbliebenen erfuhren nie, was mit ihnen passiert war. Zu denen gehörte Eunice Paiva. Sie musste miterleben, wie ihr Mann Anfang der 1970-er Jahre in Rio de Janeiro ohne Erklärung verhaftet wird. Sein Verschwinden machte Paiva zu einer erbitterten politischen Kämpferin, die gleichzeitig ihre Familie zusammenhalten musste. Sie absolvierte ein Jurastudium und setzte sich lebenslang für die Opfer der Verfolgung ein. Eines ihrer Kinder, Marcelo Rubens Paiva, hat die Familiengeschichte aufgeschrieben, sein Buch bildet die Basis dieses Films. Dessen Stärke liegt in der unaufgeregten Ruhe, seiner fast dokumentarisch zurückhaltenden Erzählweise. Aggression, Wut und Gewalt treten in den Hintergrund. Seine Wirkung bezieht das Werk des Regisseurs Walter Salles aus der Stärke und Präsenz einer einzelnen Frau.. Die Hauptdarstellerin Fernanda Torres verkörpert Eunice Paiva mit einer vehementen, und gleichzeitig stillen Widerstandskraft, ohne jedes Melodrama. Walter Salles gelingt es, die Geschichte seines Heimatlandes anhand des Einzelschicksals dieser unbeugsamen Frau lebendig werden zu lassen. Die Verleihung des diesjährigen Oscars als bester internationaler Film war der Lohn dafür.
Brasilien/Frankreich 2024, Regie: Walter Salles, Darsteller: Fernanda Torres, Selton Mello, Fernanda Montenegro, ab 12, 138 min