7.2. | Jeanne du Barry – Die Favoritin des Königs

18.00/2030

Die mittellose junge Jeanne Vaubernier (Maiwenn) hat es gelernt, ihren Körper als Währung einzusetzen. Die ehrgeizige Dame setzt alles daran, um am französischen Königshof des 18. Jahrhunderts erfolgreich zu sein. Aus strategischen Gründen heiratet sie den Grafen du Barry (Melvil Poupaud) und darf sich fortan Jeanne du Barry nennen. Ihr Ziel ist es, ganz nach oben zu kommen, nämlich König Ludwig XV (Johnny Depp) zu betören. Als Pseudo-Adelige kann sie dem Monarchen vorgestellt werden und diese Begegnung wird zu einem vollen Erfolg. Jeannes unverstellte und respektlose Art gefällt dem König; zudem verbindet die beiden eine kindlich-anarchische Freude an der Provokation. Bei Hofe gefällt das nicht jedem, zunehmend echauffieren sich die „echten“ Blaublütigen über die Beziehung. Die Regisseurin und Hauptdarstellerin Maiwenn präsentiert eine Mischung aus Drama und Komödie, wenn sie die Protagonistin als oberflächliches, aber gleichzeitig energiegeladenes Opfer zeigt. Jeanne ist ein Opfer, das zu nutzen weiß, was es hat – Aussehen, Charme und nichts zu verlieren. Ein Historien-Biopic über die legendär gewordene Mätresse König Ludwigs XV und ein moderner Blick auf eine Frau des 18. Jahrhunderts, die Karriere machen wollte.

Frankreich 2023, Regie: Maiwenn, Darsteller: Maiwenn, Johnny Depp, Melvil Poupaud, ohne Altersangabe, 113 min

31.1. | Anselm – Das Rauschen der Zeit

18.00/20.30

Wim Wenders und Anselm Kiefer sind nicht nur nahezu gleich alt (beide Ende 70), sie sind auch Seelenverwandte in ihrem jeweiligen Metier, dem Film und der bildenden Kunst. Und nun legt der Filmemacher eine Dokumentation über den Künstler vor. Er enthüllt Kiefers Lebensweg, seine künstlerischen Anfänge im Odenwald, die ersten großformatigen Bilder von Natur und Landschaft. Dann sehen wir Fahrten zu Josef Beuys nach Düsseldorf, mit eingerollten Arbeiten auf dem Dach seines VW-Käfers; schließlich der Aufbruch nach Südfrankreich und später Paris. Dabei lässt Kiefer die unheilvolle deutsche Geschichte niemals los. Wenders zeigt, wie der Künstler ringt mit dem Tausendjährigen Reich und seinen Folgen, den Trümmerlandschaften und der verbrannten Erde, der Blutspur der Geschichte. Und so arbeitet er mit Materialien wie Asche und Stroh, malträtiert seine Leinwände mit Flammenwerfern und gießt Blei über sie. Dabei gelingt es Wenders, die Grenzen zwischen Film und Malerei immer wieder zu verwischen und gleichzeitig Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu verweben. Dokumentarisches Material steht neben Spielszenen, in denen Wenders Großneffe Anton Wenders und Kiefers Sohn Daniel den Künstler als Kind bzw. als jungen Mann verkörpern. Am schönsten aber imaginiert der Filmemacher Kiefers künstlerische Essenz, wenn er ihn hoch auf einem Drahtseil über Trümmerlandschaften balancieren lässt. Ein großer Film über einen großen zeitgenössischen Künstler.

Deutschland 2023, Regie: Wim Wenders, Dokumentarfilm, ab 12, 93 min

24.1. | Elaha

18.00/20.30

In Kooperation mit den Soroptimistinnen Bremerhaven

Eine junge Frau in einem smaragdgrünen Kleid tanzt ausgelassen auf einer Hochzeit – bis ihre Mutter sie zu sich an den Tisch ruft und mahnt, sich zurückzunehmen. In dieser Szene deutet sich der Konflikt bereits an, den die Titelfigur Elaha mit den Wertvorstellungen und Rollenerwartungen ihrer kurdischen Kultur und Familie hat. Was die 22-jährige aber in die Verzweiflung treibt, ist ihre eigene anstehende Heirat und die panische Angst davor, ihr Verlobter könne in der Hochzeitsnacht merken, dass sie bereits zuvor Sex hatte. Eine plastische chirurgische Hymenrekonstruktion scheint ihr letzter Ausweg zu sein. Die Theaterschauspielerin Bayan Layla legt diese Figur zwischen Verzweiflung und zaghafter Emanzipation an. Ihr gelingt es, zwischen Wut, Traurigkeit, nackter Angst und Kampfgeist umzuschalten. Glaubhaft verkörpert sie eine Frau, die zwischen den Stühlen sitzt. In Deutschland aufgewachsen, lehnt sie bestimmte kulturelle Regeln ab. Trotzdem liebt sie ihre Familie und Traditionen und will nicht davonlaufen. Sie findet kleine Lücken im System und widersetzt sich den starren Regeln, die nur für Frauen, nie für Männer gelten. Eine Doppelmoral, die das Zuschauen stellenweise fast unerträglich macht. Dabei geht der physische und psychische Druck hier nicht nur von Männern aus. Vielmehr sind es die Frauen, vor allem Elahas Mutter, deren eigenes Ansehen zwischen den Beinen ihrer Töchter zu stecken scheint. Elahas Verlobter und vor allem ihr Vater wirken eher wie hilflose Randfiguren. Und die Regisseurin Milena Aboyan arbeitet auch heraus, wie absurd der Mythos der sogenannten Jungfräulichkeit ist: Die Mehrheit der Frauen blutet beim ersten Geschlechtsverkehr gar nicht und selbst seriöse Gynäkologen können nicht feststellen, ob eine Frau bereits Sex hatte oder nicht.

Deutschland 2023, Regie: Milena Aboyan, Darsteller: Bayan Layla, Derya Durmaz, Nazmi Kirik, ab 12, 110 min

17.1. | The Quiet Girl

18.00/20.30

Die neunjährige Cait (Catherine Clinch) ist eines unter mehreren Geschwistern. Die Eltern sind mit der Erziehung und dem Betrieb ihres Hofes überfordert. Da kommt das Angebot der Cousine der Mutter, dass Cait den Sommer doch bei ihnen verbringen könne, gerade recht. Die Cinnsealachs sind ein kinderloses Paar mittleren Alters. Hier erfährt Cait eine Fürsorge, die sie bisher nicht kannte. Es sind kleine Gesten, wie ein beiläufig zugesteckter Keks oder ein sanftes Streichen der Haare aus dem Gesicht, die die Fürsorge der Cinnsealachs für Cait zeigen. Dabei lässt der Film des irischen Regisseurs Colm Bairead die Figuren nie klischeehaft werden. Weder werden Caits Eltern als Monster abgestempelt, noch scheinen die Cinnsealachs perfekt zu sein. Ein Film, der die Bedeutung von Geborgenheit für ein Kind hervorhebt und der zeigt, wie schon kleine Dinge ausreichen können, um sie herzustellen. Dafür gab es bei der Berlinale 2022 den Hauptpreis der Sektion Generation.

Irland 2022, Regie: Colm Bairead, Darsteller: Catherine Clinch, Carrie Crowley, Andrew Bennett, ab 12, 95 min

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