18.00/20.30
Jede Person, die so bekannt ist wie Joan Baez, so heißt es zu Beginn des Films, führe drei Leben. Ein öffentliches, ein privates und ein geheimes. „Joan Baez – I Am a Noise“ spart nicht mit den bekannten Bildern einer großartigen, immer wunderschönen Frau, die lächelnd den Schlussakkord eines Protestsongs zupft und sich dann verbeugt. Joan Baez wurde zur Folk-Ikone und gleichzeitig eine Vorreiterin des linken Widerstands in den USA, kämpfte gegen Rassentrennung und den Vietnamkrieg und für die Rechte der Frauen. All das erzählt der Film. Das private Leben wird eher geschützt, Einzelheiten bleiben privat und das ist erstaunlich, denn eine Ebene darunter, wenn es um die dunklen Ecken geht, in denen die Geheimnisse einer überaus erfolgreichen Frau lauern, da öffnet sich Joan Baez. Erzählt, wie sie zu kämpfen hatte mit den Dämonen, deren Ursprung sie nicht kannte und was es oft kostete, auf die Bühne zu treten. Niemand habe gemerkt, wie schlecht es ihr manchmal ging. Und wie die Musik sie dennoch rettete. Die Bühne war Fluch und Rettung zugleich. Hier fühlte sie sich aufgehoben, in den Armen ihrer Fans. „Ich bin nicht gut in Zweierbeziehungen“, sagt sie, „zweitausend passt mir besser.“ Anhand von Animationen und Tagebucheinträgen wird das schwierige Verhältnis zum Vater, aber auch zu den beiden Schwestern beschrieben, das Baez dann offen kommentiert. Ohne Scham spricht sie über psychische Probleme und die Notwendigkeit einer Therapie, die lange Verdrängtes zum Vorschein brachte. Eine beeindruckende Dokumentation über Leben, Werk und Wirkung dieser zutiefst beeindruckenden Frau.
USA 2023, Regie: Karen O’Connor, Miri Navasky, Maeve O‘Boyle, Dokumentation, ab 12, 133 min