18.00/20.30
Es regnet viel in diesem Film und fast immer wird geraucht. Und nicht nur in diesen Punkten erinnert „Only the River Flows“ an den französischen film noir der 70er und 80er Jahre. Die Liebe zu dieser Art Kino spricht aus jeder einzelnen Szene. Der Film des chinesischen Regisseurs Wie Shujun ist auf analogem Material gedreht worden und kommt nicht nur stilistisch retro daher. Er spielt auch in der Vergangenheit, nämlich in der chinesischen Provinz Mitte der 1990er Jahre. Die Leiche einer älteren Dame wird am Ufer eines Flusses gefunden und Ma Zhe, Leiter der Kriminalpolizei, soll den Fall so schnell wie möglich aufklären – Befehl von oben. Ein verdächtiger „Irrer“ serviert sich der Polizei geradezu auf dem Präsentierteller als der Täter. Alle sind froh, dass sich der Fall in Wohlgefallen aufgelöst hat – nur Inspektor Ma zweifelt. Viele Hinweise und eine ganze Reihe skurriler Figuren begegnen ihm bei seiner rastlosen Suche nach der Wahrheit. Yilong Zhu spielt diesen Ma als brütenden, wortkargen Skeptiker, der sich im Labyrinth widersprüchlicher Indizien rettungslos zu verirren droht – ein würdiger Noir-Protagonist. Eine feinsinnige Ästhetik strahlt dieser Film aus. Unter anderem kommt Beethovens „Mondscheinsonate“ zum Einsatz; nicht zu vergessen auch der mitunter skurrile Humor, etwa wenn Ma eine Holztür eintritt, aber mit dem Fuß darin stecken bleibt und eine ganze Weile braucht, bis er ihn wieder freibekommt. Ein stimmungsvoller Neo-Noir-Film über einen schwermütigen Polizisten, der bei der Suche nach einem Mörder an seine Grenzen gerät.
China 2023, Regie: Wie Shujun, Darsteller: Yilong Zhu, Zeng Meihuizi, Tianlai Hou, ab 12, 106 min