27.11. | In Liebe, Eure Hilde

18.00/20.30

Der Widerstand gegen das NS-Regime hatte zahlreiche Facetten; eine davon war die sogenannte „Rote Kapelle“. Der von der Gestapo geprägte Begriff ist nicht ganz korrekt. Trotz der unmittelbaren Verbindung der Gruppe zur Sowjetunion waren längst nicht alle Mitglieder Kommunisten. Ende August 1942 wurde das Netzwerk von der Gestapo zerschlagen, die Mitglieder verhaftet und gefoltert. Über 50 von ihnen wurden 1943 hingerichtet. Unter ihnen war Hilde Coppi, die Flugblätter hergestellt und Informationen über die Wehrmacht per Funkgerät an die Sowjetunion übermittelt hatte. Ihre Geschichte erzählt der Regisseur Andreas Dresen in seinem Film und er wählt dafür eine sehr private Perspektive; die politisch-weltanschaulichen Hintergründe blendet er weitgehend aus. Strukturiert wird der Film durch zwei Erzählstränge. Der eine schildert linear Hildes Zeit im Gefängnis von der Verhaftung bis zur Hinrichtung. Parallel erzählen Rückblenden die Vorgeschichte mit der Liebesbeziehung zwischen Hilde und ihrem Mann Hans (Johannes Hegemann). Aus ihr erwachsen die berührendsten Szenen des Films, die Zeit von Hildes Schwangerschaft im Gefängnis und die wenigen Wochen, in denen sich die zum Tode Verurteilte in ihrer Zelle noch um ihren neu geborenen Sohn kümmern darf. Die herausragend spielende Liv Lisa Fries verkörpert diese Frau mit all ihrer Angst und Verzweiflung und dabei doch immer wieder Hoffnung und Mut schöpfend. Andreas Dresen zeigt Hilde Coppi ganz bewusst nicht als Heldin, sondern als zurückhaltende, fast ängstliche Person. Aber sie zweifelte eben auch nicht daran, dass es richtig, anständig und notwendig war, sich gegen das NS-Regime aufzulehnen.

Deutschland 2024, Regie: Andreas Dresen, Darsteller: Liv Lisa Fries, Johannes Hegemann, Alexander Scheer, ab 12, 125 min

2.10. | Touch

18.00/20.30

Die 20.30 Uhr-Vorstellung wird im englischen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.

„Bei Ihnen entwickelt sich eine Demenz“, sagt der Arzt zu dem Isländer Kristofer (Egill Olafsson). Durch diese schockierende Diagnose wird dem 75-jährigen sofort klar, dass seinem Leben, zumindest dem bewusst wahrgenommenen, nur noch eine kurze Frist beschieden ist. Und ebenso schlagartig weiß er, welche noch offene Baustelle in seinem Leben er unbedingt noch schließen muss, bevor es zu spät dafür ist. Anfang der 1970-er Jahre war er aufgebrochen, nach London, um dort das quirlige Leben der britischen Hauptstadt aufzusaugen. Die schöne Japanerin Miko (Koki) lernte er dabei kennen und lieben, aber ebenso unverhofft, wie er sie getroffen hatte, verschwand die junge Frau auch wieder aus seinem Leben. Ganz offensichtlich spielte dabei deren tragische Familiengeschichte eine Rolle. Miko war, in zweiter Generation, ein atomic bomb survivor, eine Überlebende des Atombombenabwurfs auf Hiroshima. Kristofer reist also 60 Jahre später wieder nach London, um Mikos Spur aufzunehmen, eine Suche, die ihn über England schließlich nach Japan führt. Diese Spurensuche bildet die Rahmenhandlung des Films des Regisseurs Baltasar Kormakur. Der renommierte isländische Filmemacher unterbricht sie immer wieder durch lange Rückblenden in das Londoner Leben des jungen Kristofer (gespielt von Palmi Kormakur). Intensiv taucht der Film ein in die pulsierende Atmosphäre des swinging London. Ein melancholisch-sanftes Liebesdrama mit tragischem Hintergrund, ein modernes Märchen.

Island 2024, Regie: Baltasar Kormakur, Darsteller: Egill Olafsson, Palmi Kormakur, Koki, ab 12, 121 min

9.10. | Was will der Lama mit dem Gewehr?

18.00/20.30

Die ganze Welt erstickt in Chaos und Krieg. Die ganze Welt ? Nein, in Bhutan, einem kleinen buddhistischen Königreich im Himalaya, ist die Welt noch in Ordnung. Bis der junge König auf die Idee kommt, sein Volk glücklich zu machen, indem er ihm zuerst Zugang zu Fernsehen und Internet gibt und dann auch noch demokratische Wahlen einführt. Wir sind doch schon glücklich, denken sich die Untertanen verwirrt. Es ist doch alles gut, wie es ist, wen oder was sollen wir wählen und warum überhaupt ? Da schickt der Lama aus seiner abgelegenen Meditationsklause einen Mönch los, damit der bis zum Vollmond ein paar Gewehre besorge; er wolle eine wichtige Zeremonie durchführen, es müsse wieder Frieden einkehren. Leichter gesagt als getan in einem Land, in dem kaum einer eine Waffe besitzt und viele gar nicht wissen, wie ein Gewehr überhaupt aussieht. Der Regisseur Pawo Choyning Dorji beschäftigt sich in seinem Film mit den umwälzenden Veränderungen, die Bhutan in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat und die angekündigte geheimnisvolle Zeremonie spielt dabei eine zentrale Rolle. Aber was will der Lama mit dem Gewehr ?

Bhutan 2023, Regie: Pawo Choyning Dovji, Darsteller: Tandin Wangchuk, Tandin Phubz, Kelsang Choejay, ohne Altersangabe, 107 min

16.10. | More Than Strangers

18.00/20.30

Eigentlich will Patrick (Cyril Guei) nur möglichst schnell und günstig mit dem Auto von Berlin nach Paris, wo seine hochschwangere Frau auf ihn wartet. Also mietet der Franzose ein Auto und bietet die verbleibenden Plätze als Mitfahrgelegenheit an. Vier Fremde sammelt er morgens um sieben ein, die alle dasselbe Ziel haben, aber sonst kaum unterschiedlicher sein könnten. Das sorgt für die nächsten Stunden auf engstem Raum für zahlreiche Reibereien und Konflikte. Wer wie tickt und wer was zu verheimlichen hat, enthüllt sich mit jedem Kilometer mehr. Richtig ernst wird es, als sich George (Leo Daudin), der fünfte im Wagen, als Flüchtling ohne Aufenthaltserlaubnis entpuppt. Da wird der Grenzübergang plötzlich zum riskanten Wagnis, das die Probleme der anderen als geradezu nichtig erscheinen lässt. Die aus Südfrankreich stammende und seit 20 Jahren in Berlin lebende Regisseurin Sylvie Michel inszeniert diese deutsch-griechische Co-Produktion als Gratwanderung zwischen Komödie und Drama, als rollendes Kammerspiel über Europa im kleinen. Erfrischend lebensecht ist das Spiel mit dem Sprachenmix aus Deutsch, Französisch, Englisch und Griechisch. Und der Kameramann Patrick Orth macht das beste aus dem beengten Raum, findet immer wieder neue Einstellungen und Blickachsen zwischen den Mitfahrenden. Einen sechsten Passagier gibt es auch noch, den Zuschauer. Der sitzt mittendrin im Geschehen.

Deutschland/Griechenland 2023, Regie: Sylvie Michel, Darsteller: Cyril Guei, Leo Daudin, Smaragda Karydi, Julie Kieffer, Samuel Schneider, ab 12, 100 min

17.10. | Green Border

Kooperationsveranstaltung mit dem Deutschen Auswandererhaus (DAH)

Die Filmvorführung ist eine Kooperation des Deutschen Auswandererhauses mit dem Koki und findet im Rahmen der Sonderausstellung „Über die Grenze muss man nicht weit: Polnisch-deutsche Geschichten ‒ 1871 bis heute“ statt. Die Ausstellung ist vom 12. Oktober 2024 bis zum 5. Januar 2025 im Deutschen Auswandererhaus zu sehen.

Vor dem Film lädt das Migrationsmuseum zu einer kostenlosen Führung durch die Sonderausstellung ein. Treffpunkt dafür ist um 16:30 Uhr im Foyer des Deutschen Auswandererhauses. Der Film beginnt um 18:00 Uhr (Eingang ACOMIS, Nordseite des Museums). Aufgrund der begrenzten Plätze ist sowohl für die Führung als auch für die Filmvorstellung eine Anmeldung unter info@dah-bremerhaven.de empfohlen.

Green Border

Angelockt von den Versprechungen des belarussischen Diktators Lukaschenko, haben Bashir und Amina mit ihrer syrischen Familie wie viele andere Geflüchtete 2021 den Flug nach Minsk gebucht, um von dort über die grüne Grenze nach Polen und dann zu ihren Verwandten in Schweden zu gelangen. Doch die Verheißung wird zur Falle. Zusammen mit Tausenden anderen steckt die Familie im sumpfigen Niemandsland zwischen Polen und Belarus fest, von den Grenzschützern beider Länder im streng abgeschirmten Sperrgebiet hin und her getrieben, abgeschnitten von jeder Hilfe.

Hier, am Rand der unermesslichen Białowieża-Wälder, kreuzen sich die Lebenswege unterschiedlicher Menschen – Geflüchtete, Beamte des polnischen Grenzschutzes und Aktivist:innen, die trotz des staatlichen Verbots versuchen, die in den Wäldern festsitzenden Geflüchteten mit dem Nötigsten zu versorgen. Inmitten dieser urwüchsigen Landschaft an der grünen Grenze entfaltet sich ein vielstimmiges Drama zwischen Hoffnung und Verzweiflung, Zynismus und Menschlichkeit.

Die OSCAR®-nominierte Regisseurin Agnieszka Holland „hat kein Manifest, sondern einen hoch humanen, hellsichtigen und weisen Film gedreht, der es sich in seinen Beobachtungen nicht leicht macht. Weder sind die rettenden Aktivisten heilige Retter, noch sind die Grenzer rohe Bestien. Holland zeigt ihre moralischen Skrupel, die Streitigkeiten, die emotionalen Triggerpunkte dieser Menschen, ihre Verzweiflung und Hoffnung auf eine andere Welt. ‚Green Border‘ macht wütend, weil er zeigt, was ist. (…) Ganz Europa sollte ihn sehen, denn ganz Europa ist in diesem Film präsent, mit den hellen und den sehr dunklen Seiten.“ (AROUND THE WORLD IN 14 FILMS)

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