Filmprogramm

15.5. | Dream Scenario

18.00/20.30

Paul Matthews (Nicolas Cage) ist ein mittelmäßiger Biologieprofessor. Ein durchschnittlicher Typ, der mit seiner Frau und zwei Kindern in einem Einfamilienhaus lebt. Irgendwann jedoch erscheint Paul auf einmal in den Träumen anderer Menschen. Zuerst ist es seine Tochter, die davon berichtet, dann werden es immer mehr. Paul wird wortwörtlich über Nacht bekannt, eine Marketingagentur will ihn groß herausbringen. Doch das Blatt wendet sich auf einmal: Paul ist in den Träumen nicht mehr nur passiver Zuschauer. Für eine Mitarbeiterin der Agentur wird er zur Erotikfantasie und für den Rest schließlich zum gewalttätigen Mörder, worauf keiner mehr etwas mit ihm zu tun haben will. Paul ist ein Mensch, der eigentlich keinen Rummel mag, aber trotzdem nach Anerkennung sucht. Der aufkommende Ruhm ist verlockend, der Fall danach umso härter. Hilflos muss Paul erleben, wie ihm nicht nur sein unverhofftes Star-Image wieder entgleitet, sondern auch sein Berufs- und Privatleben. Der Regisseur Kristoffer Borgli macht seinen Film zu einer Auseinandersetzung über verführerischen Ruhm und dessen Schattenseiten. Getragen wird „Dream Scenario“ vom Hauptdarsteller Nicolas Cage, der die ganze Bandbreite seiner Schauspielkunst zeigen kann. Cage ist in den letzten Jahren durch diverse Auftritte im Netz selbst zum Internetphänomen geworden; dass er hier eine Figur wie Paul verkörpert, hat eine Ironie, mit der der Film ganz bewusst spielt.

USA 2023, Regie: Kristoffer Borgli, Darsteller: Nicolas Cage, Julianne Nicholson, Michael Cera, ab 12, 102 min

8.5. | Only the River Flows

18.00/20.30

Es regnet viel in diesem Film und fast immer wird geraucht. Und nicht nur in diesen Punkten erinnert „Only the River Flows“ an den französischen film noir der 70er und 80er Jahre. Die Liebe zu dieser Art Kino spricht aus jeder einzelnen Szene. Der Film des chinesischen Regisseurs Wie Shujun ist auf analogem Material gedreht worden und kommt nicht nur stilistisch retro daher. Er spielt auch in der Vergangenheit, nämlich in der chinesischen Provinz Mitte der 1990er Jahre. Die Leiche einer älteren Dame wird am Ufer eines Flusses gefunden und Ma Zhe, Leiter der Kriminalpolizei, soll den Fall so schnell wie möglich aufklären – Befehl von oben. Ein verdächtiger „Irrer“ serviert sich der Polizei geradezu auf dem Präsentierteller als der Täter. Alle sind froh, dass sich der Fall in Wohlgefallen aufgelöst hat – nur Inspektor Ma zweifelt. Viele Hinweise und eine ganze Reihe skurriler Figuren begegnen ihm bei seiner rastlosen Suche nach der Wahrheit. Yilong Zhu spielt diesen Ma als brütenden, wortkargen Skeptiker, der sich im Labyrinth widersprüchlicher Indizien rettungslos zu verirren droht – ein würdiger Noir-Protagonist. Eine feinsinnige Ästhetik strahlt dieser Film aus. Unter anderem kommt Beethovens „Mondscheinsonate“ zum Einsatz; nicht zu vergessen auch der mitunter skurrile Humor, etwa wenn Ma eine Holztür eintritt, aber mit dem Fuß darin stecken bleibt und eine ganze Weile braucht, bis er ihn wieder freibekommt. Ein stimmungsvoller Neo-Noir-Film über einen schwermütigen Polizisten, der bei der Suche nach einem Mörder an seine Grenzen gerät.

China 2023, Regie: Wie Shujun, Darsteller: Yilong Zhu, Zeng Meihuizi, Tianlai Hou, ab 12, 106 min

1.5. | Radical: Eine Klasse für sich

18.00/20.30

Die erste Lektion steht nicht auf dem Lehrplan. Anfangs merkt man nicht einmal, dass sie überhaupt eine ist. Die sechste Klasse der Jose-Urbina-Lopez-Grundschule staunt über ihren Lehrer Sergio (Eugenio Derbez). Er stellt alles von den Füßen auf den Kopf, angefangen mit den Tischen, die jetzt als Rettungsboote dienen. Es gibt aber zu viele Schüler für sie. Welches wird sich über Wasser halten und welches nicht und weshalb? Es geht um Auftrieb, das Zusammenspiel von Gewicht, Volumen und Dichte. Der exzentrische Sergio führt seine Klasse zu höchster Konzentration. Der Unterricht hört auf, Pflicht zu sein und fängt an, ein Abenteuer des Entdeckens zu werden. Das ganze geht so lebhaft zu, dass man fast vergisst, wie metaphorisch Regisseur Christopher Zalla es tatsächlich meint. Keiner der Schüler soll untergehen im Alltag der mexikanischen Grenzstadt Matamoros, wo Armut, Apathie und Drogenkartelle herrschen. Drei von ihnen rückt das Drehbuch in den Mittelpunkt. Paloma träumt davon, Raumfahrtingenieurin zu werden. Lupe würde gerne Lehrerin werden. Nico schließlich macht auf allen Gebieten enorme Fortschritte – aber was nützt das alles den dreien, solange sie sich nicht aus dem Klammergriff der Kriminalität befreien können? Beim Sundance-Filmfestival wurde Christopher Zallas Film mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. Er erzählt die wahre Geschichte eines unorthodoxen Lehrers, der seine Klasse auf das Leben vorbereitet – jedoch mit ungewissem Ausgang für jeden einzelnen.

Mexiko 2023, Regie: Christopher Zalla, Darsteller: Eugenio Derbez, Daniel Haddad, Jennifer Trejo, ab 12, 125 min

24.4. | The Zone of Interest

18.00/20.30

Es sieht so paradiesisch aus: Der gepflegte Garten mit Gemüsebeet, Vogelgezwitscher. Ein kleines Idyll, das sich Hedwig und Rudolf Höß (Sandra Hüller und Christian Friedel) mit ihren Kindern hier aufgebaut haben. Doch Rudolf Höß ist Kommandant des Vernichtungslagers Auschwitz und sein Wohnhaus grenzt direkt an das Lager. Schüsse, Schreie, Hundegebell dringen unablässig herüber. Doch für das Ehepaar Höß sind das nur Hintergrundgeräusche, so als wohne man an einer belebten Straße und blende den Lärm irgendwann aus. Der britische Regisseur Jonathan Glazer konzentriert sich in seinen Bildern vollständig auf die Bilderbuchidylle im Hause Höß. Das Innere des deutschen Vernichtungslagers, in dem Hunderttausende Juden ermordet wurden, zeigt er nicht. Im Prinzip habe er zwei Filme gedreht: „Es gibt den Film, den man sieht, und den Film, den man hört.“ Aus diesem Zusammenspiel entsteht eine mächtige, sinnliche und moralische Spannung. Der Zuschauer kann nicht ignorieren, was die Familie Höß zwar hört, aber beharrlich leugnet. Der Horror entwickelt sich für das Publikum über die Tonspur. Ein beklemmender, verstörender und intensiver Film, der mit den Kontrasten spielt und noch mehr mit der Auslassung. Der tödliche Schrecken bleibt draußen, er ist nur zu hören, aber er ist unüberhörbar. Glazer: „Mein Ziel war es, den Kontrast einzufangen zwischen jemandem, der sich in seiner Küche eine Tasse Kaffee einschenkt und jemandem, der auf der anderen Seite der Mauer ermordet wird, die Koexistenz dieser beiden Extreme.“

Großbritannien/USA/Polen 2023, Regie: Jonathan Glazer, Darsteller: Sandra Hüller, Christian Friedel, Imogen Kogge, ab 12, 105 min

17.4. | All of Us Strangers

18.00/20.30

TV-Autor Adam (Andrew Scott) arbeitet an einem Drehbuch über den frühen Tod seiner Eltern, die vor 30 Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Eines nachts begegnet er seinem mysteriösen Nachbarn Harry (Paul Mescal). Schnell bahnt sich eine Liebesbeziehung zwischen den beiden an. Für sein Drehbuch besucht Adam kurz darauf sein Elternhaus, wo er alles so vorfindet, wie er es zurückgelassen hat. Alles, denn auch seine längst verstorbenen Eltern (Jamie Bell und Claire Foy) sind anwesend, keinen Tag gealtert. Hat seine lange Einsamkeit und Trauer dazu geführt, dass er jetzt die Kontrolle über die Realität verliert? Basierend auf Taichi Yamadas Roman „Sommer mit Fremden“ erzählt der britische Regisseur Andrew Haigh etwas ganz besonderes. Ist es eine Geistergeschichte, ein Traumgebilde, eine Halluzination? Auf jeden Fall ist es eine Annäherung an seine eigene Lebensgeschichte. Auch die Dreharbeiten fanden in dem Haus statt, in dem der Filmemacher seine Kindheit verbracht hatte. Haigh, selbst homosexuell, rückt vor allem die Erfahrung seiner Generation ins Zentrum: Schwuler Teenager in den 1980er Jahren und wie die Eltern darauf reagierten. „All of Us Strangers“ ist vieles in einem, Melodram, schwule Lebensgeschichte, posthume Familien-aufstellung und ein zutiefst philosophischer Film über die Macht der Liebe und die Kraft des Erinnerns – ebenso jedoch eine Studie über das, was wir im Leben mit uns herumtragen, bis wir uns unseren Dämonen stellen und alles zu einem versöhnlichen Ende bringen. Oder dies zumindest versuchen.

Großbritannien 2023, Regie: Andrew Haigh, Darsteller: Andrew Scott, Paul Mescal, Jamie Bell, Claire Foy, ab 12, 105 min

Die 20.30-Uhr-Vorstellung wird im englischen Original mit Untertiteln gezeigt.

10.4. | Geliebte Köchin

18.00/20.30

Frankreich in den 1880er Jahren. Seit zwei Jahrzehnten arbeitet die Köchin Eugenie (Juliette Binoche) für den berühmten Gourmet Dodin Bouffant (Benoit Magimel). Beide sind Meister ihres Fachs und kreieren die köstlichsten Gerichte, die selbst legendäre Köche in Staunen versetzen. Aus der gemeinsamen Zeit in der Küche und die Leidenschaft für die grande cuisine ist über die Jahre weit mehr als nur eine Liebe fürs Essen erwachsen. Die zwei teilen Tisch und Bett miteinander, letzteres indes nach ihren Regeln. Nicht immer steht ihm ihre Schlafzimmertür offen. Sie ist stolz darauf, seine Köchin und nicht seine Frau zu sein. Viele Jahre währt dieser delikate Schwebezustand bereits. Als Eugenie erkrankt, kocht Dodin ein weiteres Festessen, diesmal aber nur für sie. Er bereitet es aus Fürsorge zu und als Liebeswerben. Ob Raffinement und Hingabe genügen, um sie endgültig zu gewinnen? Der Regisseur Tran Anh Hung zelebriert mit „Geliebte Köchin“ geradezu ein kulinarisches Hochamt. Es geht um das französische Kulturgut schlechthin und der Filmemacher schleudert dem Fast Food seinen Fehdehandschuh entgegen. Zahlreiche Schwenks beglaubigen, dass hier tatsächlich die Darsteller kochen – unter Anleitung des Sternekochs Pierre Gagnaire wohlgemerkt. Und: Auf Filmmusik kann Tran Anh Hung verzichten, die Bewegungen der Hände und Arme, der Töpfe, Tiegel und Pfannen sind musikalisch genug.

Frankreich 2023, Regie: Tran Anh Hung, Darsteller: Juliette Binoche, Benoit Magimel, Emmanuel Salinger, ab 6, 135 min

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