7.5. | Sing Sing

18.00/20.30

Die 20.30-Vorstellung wird im englischsprachigen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.

„Sing Sing“, der neue Film des Regisseurs Greg Kwedar, spielt im titelgebenden Hochsicherheitsgefängnis unweit von New York und handelt von Flucht – allerdings nicht im konventionellen Sinne eines spektakulären Ausbruchs, sondern im Sinne einer geistigen Befreiung. Der Film schildert die Arbeit des real existierenden Projekts Rehabilitation Through the Arts, mit dem Häftlingen durch die Teilnahme an einem Theaterprogramm die spätere Wiedereingliederung in die Gesellschaft erleichtert werden soll. Es geht mitten hinein in die Vorbereitungen zu einem neuen Stück. Hartgesottene Kerle sitzen da zusammen und diskutieren, ob sie lieber Shakespeare oder eine leichte Komödie einstudieren wollen. Das wirkt weder pathetisch noch albern, sondern bewegend. Insbesondere die rauhen 16-mm-Handkamerabilder von Pat Scola verleihen dem Film eine beinahe dokumentarische Unmittelbarkeit. Und dass die Teilnehmer fast alle von realen Ex-Häftlingen verkörpert werden, lässt die Geschehnisse ganz besonders intensiv wirken. „Sing Sing“ zeigt Männer, die es gewohnt sind, sich über Stärke und Dominanz zu behaupten, die sich im Verlauf des Projekts jedoch immer mehr öffnen und über ihre Rollen auch sich selbst hinterfragen. „Zorn ist einfach“, heißt es bei einer Probe, „aber Verletzlichkeit muss man zulassen.“ Kurze Szenen des Gefängnisalltags zwischen Hofgang und Bewährungsanhörung erinnern zwischendurch an den ernsten Hintergrund, aus dem das spielerische Projekt erwuchs. Im Jahr 2012 stand mit dem italienischen Film „Cäsar muss sterben“ ein ganz ähnliches Werk im Wettbewerb der Berlinale – jetzt gibt es die US-amerikanische Version.

USA 2023, Regie: Greg Kwedar, Darsteller: Colman Domingo, Clarence Maclin, Sean San Jose, ab 12, 107 min

14.5. | Das Licht

17.30 / 20.30

Es geht ihr eigentlich ganz gut, der Familie Engels: Papa Tim (Lars Eidinger) führt das große Wort in einer Werbeagentur, Mutter Milena (Nicolette Krebitz) pendelt gestresst zwischen Berlin und Nairobi hin und her, wo sie ein Theaterprojekt für kenianische Kinder auf die Beine stellt. Ihre 17-jährigen Kinder sind typische Teenager: Jon (Julius Gause) spielt tagelang in seinem zugemüllten Zimmer ein Multiplayer-Computerspiel und Zwillingsschwester Frieda (Elke Biesendörfer) zieht mit Freunden drogenschluckend nachts durch die Clubs und hängt sich morgens mit ihnen demonstrativ an eine Autobahnbrücke, um auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam zu machen. Jeder von ihnen ist so beschäftigt mit sich, dass sie die Leiche auf dem Fußboden hinter dem Küchentisch erst mit Verspätung bemerken. Ihre polnische Putzfrau Maya erlag bei der Arbeit einem Herzinfarkt. Mit der aus Syrien geflüchteten Farrah (Tala Al-Deen) kommt eine neue Haushaltshilfe in ihr Leben. Die knüpft bald zu jedem einzelnen von ihnen ein besonderes Band, während sie gleichzeitig Linderung für ihr eigenes Trauma sucht. Der Regisseur Tom Tykwer streckt seine Fühler nach allen Seiten aus. Thematisch wagt er den vollen Mix der akuten Weltlage und ihrer Multikrise; er spricht Generationenkonflikte und Klimaaktivismus ebenso an wie digitale Überfütterung, Rentenprobleme, sexuelle Frustration und Migration. Die Besserwisser-Perspektive nimmt er dabei nicht ein, sondern bleibt ganz auf der Seite seiner Figuren, wirbt gleichsam um Nachsicht und Verständnis für sie. Ein stimmungsvolles Stück Kino, das im besten Sinne die breite Leinwand füllt. Und immer wieder filmt Tykwer Berlin; wie einst in „Lola rennt“ fängt er mit einem ganz besonderen Gespür für Drehorte die Stadt ein, wie man es in dieser Authentizität selten sieht.

Deutschland 2025, Regie: Tom Tykwer, Darsteller: Lars Eidinger, Nicolette Krebitz, Tala Al Deen, ab 12, 162 min

21.5. | Mit der Faust in die Welt schlagen

18.00/20.30

Familie Zschornack möchte in ihr neues Haus einziehen. Vieles an diesem Gebäude der Marke Eigenbau ist noch unfertig. Zu allem Überfluss verliert der Vater Stefan (Christian Näthe) seinen Job als Elektriker. Während die Mutter Sabine (Anja Schneider) als Pflegekraft im Krankenhaus schuftet, bekommt Stefan eine Absage nach der anderen. Frust beherrscht den Alltag und den bekommen auch die beiden Söhne Philipp (Anton Franke) und Tobias (Camille Moltzen) hautnah zu spüren. Philipp, der ältere von ihnen, ist schließlich der erste der beiden, der in Kontakt mit einer Gruppe von Neonazis kommt. Die Gründe sind vielfältig: Da ist der Wunsch nach Zugehörigkeit zu den starken Jungs in der Schule, aber auch ein teils spielerisches, teils bitterernstes Provozieren und Austesten von Grenzen – ein typisches Coming of Age-Verhalten. Das Debüt der Regisseurin Constanze Klaue beruht auf dem gleichnamigen Roman von Lukas Rietzschel, der vom Aufwachsen zweier Brüder in der ostdeutschen Provinz erzählt, die sich mit der Zeit radikalisieren. Klaue geht mit der Buchvorlage recht frei um. Nicht eine durchgehende, sich zuspitzende Handlung steht im Vordergrund, sondern eine episodenhafte Alltagsbeobachtung. Der Film ist eine in hohem Maße realistisch und gleichzeitig empathisch wirkende Studie über Menschen in einer strukturschwachen Region. Stets präsent ist dabei die Kluft zwischen dem Wunsch nach idyllischem Familienleben und der bitteren Realität – blühende Natur mit baufälligen Häusern und Plattenbauten mittendrin. Dieses vollkommen wertfrei eingefangene Miteinander von Verfall und Idylle beschreibt die Ambivalenz Ostdeutschlands vielleicht am besten.

Deutschland 2025, Regie: Constanze Klaue, Darsteller: Anton Franke, Camille Moltzen, Anja Schneider, Christian Näthe, ab 12, 110 min

26.5. | Inklusives Filmfestival BHV

18.00 Uhr

Die Kunst sich die Schuhe zu binden

Schweden 2011, 97 min

R.: Lena Koppel
D.: Sverrir Gudnason, Vanna Rosenberg

„Diese intelligente, fröhliche Komödie aus Schweden zeigt wieder einmal, dass eine gute Geschichte ganz ohne knallige Effekte und Starrummel auskommen kann: Der verkrachte Schauspieler Alex sorgt mit frischen, neuen Ideen für Aufruhr in einer Einrichtung für Menschen mit Handicap. Während seine Schützlinge ihn unterstützen und begeistert Eigeninitiative entwickeln, muss Alex gegen konservative Sozialarbeiter und bürokratische Hürden kämpfen.

Alex und seine außergewöhnliche Gesangsgruppe bringen Spaß auf die Leinwand und Wärme in die Herzen. Gute Laune garantiert!“ (Programmkino.de)

Eine wahre Geschichte, inspiriert vom berühmten Ensemble des BehindertenTheaters „Glada Hudik“, das 1996 vom damaligen Behindertenbetreuer Pär Johansson gegründet wurde.

28.5. | Louise und die Schule der Freiheit

18.00/20.30

Eine für alle zugängliche kostenlose Schulbildung gehört zu den größten Errungenschaften eines modernen Gemeinwesens. Besonders in Frankreich bildet die Schulpflicht eine der Säulen der Republik. Im 19. Jahrhundert war die jedoch nicht immer leicht durchzusetzen, insbesondere auf dem Land gab es teilweise massiven Widerstand. Den spürt auch die Lehrerin Louise Violet (Alexandra Lamy), die im Jahr 1889 in das Department Haute-Loire abgeordnet wird, um die dortigen Bauernkinder zu unterrichten. Als alleinstehende Frau aus dem fernen Paris erregt sie Anstoß und Argwohn. Untergebracht in einem Stall auf dem Anwesen des Bürgermeisters Joseph, wartet sie zunächst vergebens auf Schüler. Erst als Joseph sie unterstützt, erscheinen die Kinder zum Unterricht. Der Regisseur Eric Besnard zeichnet einerseits das Panorama pittoresker Dörfer, andererseits das eines von Jahreszeiten getakteten, fast archaischen Daseins. Kinder sind unverzichtbare Helfer bei der Feldarbeit und das ist nicht der einzige Grund, weshalb ihre Eltern wenig geneigt sind, sie in die Schule gehen zu lassen. Ein überaus anregender Film mit einem leider etwas pathetischen deutschen Titel, denn Bildung ist hier eben auch von oben verordnet, also Zwang. Der französische Originaltitel „Louise Violet“ hätte in seiner treffenden Schlichtheit besser gepasst.

Frankreich 2024, Regie: Eric Besnard, Darsteller: Alexandra Lamy, Gregory Gadebois, Jerome Kircher, ab 12., 108 min

Die 20.30-Vorstellung wird im französischsprachigen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.

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