5.2. | The Outrun

18.00/20.30 (20.30-Vorstellung: Englisches Original mit deutschen Untertiteln)

Rona (Saoirse Ronan) ist der Alkoholsucht erlegen und versucht, sich nach einem Entzug zurück ins Leben zu kämpfen. Hierfür ist sie nach Jahren in ihre Heimat, die Orkneyinseln vor der Küste Schottlands, zurückgekehrt, wo sie bei ihrer Mutter wohnt und ihrem Vater bei dessen Schafzucht hilft. „Es wird niemals leicht, nur weniger schwer“, sagt ein Teilnehmer der Anonymen Alkoholiker, der seit mehreren Jahren trocken ist. Für Rona ist es bis dahin noch ein steiniger Weg, Rückfälle eingeschlossen. Der Film erzählt Ronas Geschichte in verschiedenen Zeitebenen. Neben der Haupthandlung auf den Orkneyinseln entfalten Rückblenden ihren Aufenthalt in London vor dem Entzug. Die Alkoholsucht zerstört dort ihr eigentlich sehr erfolgreiches Großstadtleben. Die grellen Lichter der Nachtclubs bilden einen harten Kontrast zu den Aufnahmen der schottischen Landschaft. Der Film der deutschem Regisseurin Nora Fingscheidt („Systemsprenger“) basiert auf dem gleichnamigen autofiktionalen Roman (deutsch „Nachtlichter“) der Journalistin Amy Liptrot, die auch am Drehbuch des Films beteiligt war. „The Outrun“ ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Film über Alkoholismus, ästhetisch ansprechend, nahbar und vollkommen wertfrei. Dass die Erzählung funktioniert, liegt insbesondere an der brillanten Darstellung Saoirse Ronans, die Ronas Gefühlszustände ungefiltert zeigt. Wut, Scham, Trauer und Melancholie, rauschhafte Ekstase schlägt um in völligen Kontrollverlust. Und besonders lebensecht: Der Film wurde auch an Originalschauplätzen aufgenommen. Saoirse Ronan in einem Interview:
„ Die Farm, auf der wir gedreht haben, ist die, auf der Amy Liptrot aufgewachsen ist. (…) Und diverse Menschen, mit denen sie aufgewachsen ist, waren bei uns als Statisten dabei. Das war schon eine sehr besondere Verschmelzung von Realität und Fiktion.“

Großbritannien/Deutschland 2023, Regie: Nora Fingscheidt, Darsteller: Saoirse Ronan, Paapa Essiedu, Stephen Dillane, ab 12, 119 min

20.30-Vorstellung : englisches Original mit deutschen Untertiteln

12.2. | Emilia Perez

18.00/20.30

Rita Moro Castro (Zoe Saldana) ist als Anwältin ein Ass. Das fällt auch dem mexikanischen Drogenboss Manitas del Monte auf. Er macht ihr ein irrwitzig erscheinendes Angebot: Er plane nicht nur seinen Ausstieg aus dem Verbrechermilieu, sondern auch aus der Männerwelt. Tief im Innersten sei er schon immer eine Frau gewesen und nun sei er im Prozess der Geschlechtsangleichung zu seinem wahren Ich. Aus Manitas soll Emilia werden. Damit alles gelingt, soll Rita seine Ermordung vortäuschen, die Operation organisieren und seine Familie in der Schweiz in luxuriöse Sicherheit bringen. Die Offerte ist genauso ruppig wie lukrativ, Rita sagt zu. Was irre klingt, funktioniert in dem ersten spanischsprachigen Film des französischen Regisseurs Jacques Audiard überraschend gut. Audiard erzählt vom Drogenbandenkrieg in Mexiko in Form einer mitreißenden Mischung aus Sozialdrama, Musical und Telenovela. Im Zentrum steht dabei die Frage, inwieweit sich Menschen wirklich verändern können und Wiedergutmachung möglich ist. Lassen sich mit dem alten Leben auch schlechte Wesenszüge einfach so abstreifen? Gelingt mit der Transformation von Manitas zu Emilia auch gleichzeitig die Wandlung vom skrupellosen Verbrecher zur menschenfreundlichen Frau, die sich für Opfer der Kartellkriminalität einsetzt? Die spanische Trans-Schauspielerin Karla Sofia Gascon verkörpert die beiden Hauptfiguren Emilia und Manitas. In Cannes mehrfach ausgezeichnet, geht „Emilia Perez“ nun auch für Frankreich ins Oscar-Rennen. Audiards wilder Ritt und vor allem Gascons beeindruckender Doppelauftritt sind unbedingt preiswürdig..

Frankreich 2024, Regie: Jacques Audiard, Darsteller: Karla Sofia Gascon, Zoe Saldana, Selena Gomez, ab 12, 130 min

19.2. | Queer

18.00/20.30

William Lee (Daniel Craig) ist ein Suchtmensch, in jeder Beziehung. Der schwule Junkie hat sich im Jahre 1950 nach Mexiko-City abgesetzt, wo der Stoff freier verfügbar ist als in seiner US-amerikanischen Heimat. Doch die jungen Kerle, auf die der in die Jahre gekommene, verschwitzt-verlotterte Lee so steht, reagieren selten positiv auf seine Annäherungsversuche. Er bleibt einsam, bis er auf den jungen Ex-Soldaten Eugene Allerston (Drew Starkey) trifft. Lee ist sofort wie angefixt. Er umgarnt den hübschen Kerl, buhlt mit ungeschicktem Charme um seine Aufmerksamkeit. Eugene ist sich seiner Anziehungskraft bewusst, zieht den Älteren an und stößt ihn wieder weg. Lee zerreißt es das Herz. Der italienische Regisseur Luca Guadagnino hat sich in „Queer“ des gleichnamigen Romans des US-Schriftstellers William S. Burroughs angenommen. Anfang der 1950er Jahre entstanden, aber erst 1985 erschienen, erzählt Burroughs darin autofiktional von seiner Zeit in Mexiko-City. Gedreht in den kulissenhaften Straßenzügen der Cinecitta-Studios in Rom, präsentiert Guadagnino die Subkultur dieser Zeit mit ihren eigenen Codes und Regeln. „Queer“ lebt nicht zuletzt von der Schauspielkunst der beiden Hauptdarsteller. Daniel Craig tritt damit aus dem langen James-Bond-Schatten heraus. Der 56-jährige Brite verkörpert Lee mit einer männlichen Verletzlichkeit, die der Figur eine Vielschichtigkeit verleiht, die weit über die Buchvorlage hinausgeht. Komisch und tieftraurig zugleich, zeichnet er das Portrait eines Mannes voller Unsicherheit und Sehnsucht, der nichts mehr will, als geliebt und begehrt zu werden..

Italien/USA 2024, Regie: Luca Guadagnino, Darsteller: Daniel Craig, Drew Starkey, Jason Schwartzman, ab 16, 135 min

26.2. | Die Saat des heiligen Feigenbaums

18.00/20.30

Der strenggläubige Iman ist zum Untersuchungsrichter am Revolutions-gericht in Teheran ernannt worden; er empfindet die Beförderung wie ein Geschenk des Himmels. Wir schreiben das Jahr 2022, das Jahr der großen Proteste gegen das islamische Regime, die die Mullahs blutig niederschlagen. Iman ist nun Teil im Räderwerk des staatlichen Terrors. Auf Anordnung des Staatsanwalts unterschreibt er ein Todesurteil wegen angeblicher Gotteslästerung, ohne die Akte des Falles überhaupt gelesen zu haben. Gewissensqualen sind der Preis für das Geschenk des Himmels. Parallel bringt seine Arbeit das Gleichgewicht seiner Familie ins Wanken. Seine Töchter Rezvan und Sana stehen auf der Seite des Widerstands und seine Frau versucht, die Familie zusammenzuhalten. „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ erzählt eine iranische Geschichte, der Film besitzt jedoch einen universellen, grenzüberschreitenden Kern. Er illustriert, wie totalitäre Regime Individuen korrumpieren und Familien zerstören. Die Familie wird zum Spiegel des Systems, ihr Zerfall und die zunehmende Brutalität im Privaten bilden das Verhältnis zwischen Staat und Bevölkerung im Iran ab. Nach den nicht genehmigten Dreharbeiten im Iran verließ der Regisseur Mohammad Rasoulof das Land und ging nach Hamburg, drei seiner Darstellerinnen leben mittlerweile in Berlin. Der in Hamburg hergestellte Film geht als Deutschlands Beitrag ins diesjährige Oscar-Rennen. .

Iran 2024, Regie: Mohammad Rasoulof, Darsteller: Missagh Zareh, Soheila Golestani, Mahsa Rostami, Setareh Maleki, ab 6, 167 min

7.8 | Golda – Israels eiserne Lady

18.00/20.30

Am 6. Oktober 1973 beginnt der Jom-Kippur-Krieg. Syrien und Ägypten greifen Israel an zwei Fronten an, die Syrer auf den Golanhöhen, die Ägypter überqueren den Suezkanal. Vorrangiges Kriegsziel: Die Befreiung der von Israel im sogenannten Sechs-Tage-Krieg im Juni 1967 besetzten Gebiete. „Golda“ schildert diesen 19 Tage dauernden Krieg aus der Sicht der israelischen Premierministerin Golda Meir. Helen Mirren spielt die Ministerpräsidentin als eine alte Dame mit zwei Gesichtern. Das eine ist das öffentliche einer ikonisch unbeugsamen Staatschefin und einzigen Frau inmitten der Generäle Dajan, Elazar und Scharon. Und das andere ist das private einer zerbrechlichen Krebskranken, die heimlich Bestrahlungen im Krankenhaus absolviert und von Alpträumen gepeinigt wird. Und vielleicht wurde in einem Film noch nie so überzeugend die Wirkung von Nikotin als beruhigendem Nervengift demonstriert. Die Kettenraucherin qualmt sogar auf dem Krankenbett. „Golda“ ist ein Kriegsfilm ohne wirkliche Kriegsbilder. Das militärische Geschehen auf den Schlachtfeldern bleibt im Off, es wird nur durch Funkmitschnitte und Lagebesprechungen vermittelt. Fast ein Kammerspiel, verteilen sich die Schauplätze zwischen Büroräumen und der Wohnung der Ministerpräsidentin – aber mit der Qualmwolke, die Golda Meir stets umgibt, scheint beißender Schlachtengeruch überallhin vorzudringen.

Großbritannien 2022, Regie: Guy Nattiv, Darsteller: Helen Mirren, Liev Schreiber, Rami Heuberger, ab 12, 100 min

21.8. | Kinds of Kindness

18.00/20.30

Die 20.30-Uhr-Vorstellung wird in der englischen Originalfassung mit deutschen Untertiteln gezeigt

Drei Episoden hat dieser Film und jede von ihnen behandelt einen wichtigen Teil des menschlichen Lebens. Da ist der Arbeitsplatz, da ist die Ehe und da ist die Religion. Im ersten Teil sehen wir Robert, der eine Art Sklave seines Chefs ist. Bis in die intimste Lebensgestaltung bestimmt er über Roberts Alltag. Im zweiten Teil begegnet uns der Polizist Daniel, dessen Frau bei einem Schiffbruch verschollen ist. Als sie wiederkommt, kann Daniel nicht glauben, dass sie es wirklich ist; allzu sehr verändert verhält sich die Zurückgekehrte. In Teil drei suchen die Sektenmitglieder Emily und Andrew im Auftrag ihres Gurus Omi nach einer Heilsbringerin, die Tote zum Leben erwecken kann. Auf ganz besondere Art sind alle drei Episoden miteinander verbunden. In allen drei Teilen sind dieselben Schauspieler (Jesse Plemons, Willem Dafoe und Emma Stone) im Einsatz, in jeweils verschiedenen Rollen. Regisseur Yorgos Lanthimos geht es um allgegenwärtige menschliche Themen, Abhängigkeit und Willkür, Entfremdung und Verlust, ideologischen Wahn, kurz, um die weniger schönen Seiten menschlicher Beziehungen. Der Titel „Kinds of Kindness“ kann nur als blanker Zynismus verstanden werden, der sich bisweilen in blutige Grausamkeiten steigert – abgeschnittene Finger in Bratpfannen gehören dazu. Wer sich darauf einlassen kann, sieht einen Film, der sich satirisch und schwarzhumorig über die Absurdität zahlreicher sozialer Normen und Konventionen hermacht.

USA 2024, Regie: Yorgos Lanthimos, Darsteller: Emma Stone, Jesse Plemons, Willem Dafoe, ab 16, 164 min

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